Fast 2500 unbesetzte Ausbildungsstellen meldete die Agentur für Arbeit Konstanz-Ravensburg kurz vor dem offiziellen Ausbildungsstart Anfang September noch für ihren Zuständigkeitsbereich. Darunter sind auch viele Stellen in handwerklichen Berufen. Für Schlossermeister Ralf Waibel ist das ein Symptom dessen, dass das Handwerk heutzutage kein großes Ansehen in der Gesellschaft mehr genießt.
Schwer, gute Azubis zu finden
Immerhin: Zwei neue Azubis haben dieses Jahr ihre Ausbildung zum Metallbauer in seiner Schlosserei in Ludwigshafen angefangen. „Die meisten aus meiner Klasse gehen weiter zur Schule“, berichtet Jonas Müllerleile, der dieses Jahr seinen Realschulabschluss gemacht hat und einer der beiden Azubis ist.
Einer, der noch von anderen Zeiten berichten kann, ist Karlheinz Beck. Er steht am anderen Ende des Berufslebens und kann dieses Jahr pünktlich zum Eintritt in den Ruhestand sein goldenes Berufsjubiläum feiern. Als er sich 1972 für seinen Beruf entschied, war es noch nicht üblich, zunächst Praktika zu machen, berichtet er seinen beiden jungen Kollegen, die beide den Weg zur Ausbildung durch Praktika gefunden haben.
Eigene Leistung bleibt Jahrzehnte sichtbar
Für Beck war es also eher der Sprung ins kalte Wasser. „Trotzdem würde ich mich jederzeit wieder für diesen Beruf entscheiden. Sonst würde ich heute nicht hier sitzen“, sagt er und muss dabei lachen. Die Begeisterung für seinen Beruf möchte er den neuen Azubis weitergeben. „Im Handwerk zu arbeiten ist toll. Man ist nicht nur die ganze Zeit in der Werkstatt, sondern kommt auch mal raus. Außerdem sieht man nach Jahren und Jahrzehnten noch, was man einmal gemacht hat“, schwärmt Beck.
Natürlich habe sich in den 50 Berufsjahren viel getan. Nicht nur was die Arbeitstechniken angeht, sondern auch in Bezug auf den Umgang, den man in den Betrieben pflegt, berichtet Beck. Von Verzinkung bis hin zum breiten Einsatz von Edelstahl, vom einfachen Handwerkzeug bis zur computergesteuerten Fräsmaschine – Karlheinz Beck hat es miterlebt.
Alte Techniken sind spannend
Jonas Müllerleile und sein Azubi-Kollege Markus Widmer können von diesem breiten Wissen nun profitieren, denn trotz Ruhestand will Beck noch aushilfsweise weiterarbeiten. Auch um sein Wissen weiterzugeben. „Er bringt eine Erfahrung mit, von der wir natürlich noch gar keine Ahnung haben und es ist immer spannend zu hören, wie man bestimmte Arbeiten früher gemacht hat“, sagt Widmer.
Das ist auch für Chef Ralf Waibel ein wichtiger Punkt, denn er hält große Stücke auf eine gute handwerkliche Ausbildung. „Deshalb ärgert es mich, dass das Handwerk in den Medien oft so schlecht weg kommt“, betont er. Eine Ausbildung im Handwerk hat für ihn viele Vorteile. Allen voran, dass man lernt, selbst etwas herzustellen. Das mache den Beruf auch krisensicher.
Handwerk hat auch Vorteile für Zuhause
Karlheinz Beck kann das bestätigen. Der 65-Jährige hat in seinem Berufsleben schon so manche Krise miterlebt, weiter ging es für ihn immer. „Und das Schöne ist, dass ich auch zuhause für mich viele schöne Dinge aus Metall selbst machen konnte“, sagt Beck.
Bis Jonas Müllerleile und Markus Widmer auf ein so langes Berufsleben zurückschauen können, gibt es noch einiges zu lernen. Und das nicht nur unter der Woche: „Wir haben auch immer mal wieder kleine freiwillige Lerneinheiten an Samstagen“, sagt Waibel. Dabei geht es dann zum Beispiel um gute Umgangsformen. „Denn das Auftreten beim Kunden ist sehr wichtig dafür, wie das Handwerk wahrgenommen wird“, betont Waibel. Der Berufsjubilar Karlheinz Beck nickt zustimmend.