Stadthalle statt Storchehus und moderne Lyrik statt Klassiker überzeugten am Sonntag rund 60 Zuschauer. Elias Raatz führte durch den kurzweiligen Abend, Aljosha Konter sorgte für Musik und die Poetry Slammer Tonia Krupinski, Richard König und Marina Sigl präsentierte Texte von schräg bis gesellschaftskritisch.
Der Dichterwettstreit Deluxe wurde von Initiator Elias Raatz souverän und unterhaltsam moderiert – der ein oder andere Gast hätte den Siegerpreis, eine vom Kulturamt gestifteten Goethe-Büste, wohl gerne dem Moderator selbst überreicht. So mussten die Tübingerin Tonia Krupinski, der Schwabe Richard König und Marina Sigl aus Konstanz als Überraschungsgast um den Preis kämpfen. Das ungewöhnliche Format erfordere aktive Mithilfe vom Publikum, so Raatz gleich zu Beginn: Vier Gästen wurden Stimmkarten ausgehändigt, mit denen sie die jeweils zwei Kurzvorträge bewerten sollten.
Besonderer Sprachwettstreit
Denn ein Poetry Slam ist neben Unterhaltung auch ein Wettstreit in Sprachgewandtheit. Die Texte müssen selbstgeschrieben sein und in maximal sieben Minuten vorgetragen werden, Kostüme und Requisiten sind nicht erlaubt. So unterschiedlich wie die Themen bewegten sich auch die Wertungen, da wurde ein Stück auch mal mit zugleich nur vier Punkten und auch der Höchstpunktzahl zehn bewertet. Tonja Krupinski las mit „Verdammt“ und „Selbst Null ist zu viel oder küss die Toilette“ zwei lyrische und anspruchsvolle Stücke über eine Trennung und Magersucht.
Für den leichten und unterhaltsamen Ton sorgte Richard König: „Zu viele Köche“ über das eigene Schwanken zwischen Faulheit und Ambition und der verschachtelten Geschichte „Häh? Wo war denn da der Twist“. Wortspiele und Reime folgen so schnell aufeinander, das man kaum folgen kann. Marina Sigl räumte mit dem lyrischen Stück „Signorina“ die volle Punktzahl ab. Der Text über Fernweh und Reisen berührte das Publikum über alle Altersgruppen hinweg. Ihr Text über ihr Chemiestudium begeisterte trotz HipHop-Einlage nicht so sehr – die Nähe zur studentischen Lebenswelt dockte nicht überall an die Realität der Zuhörer an.
Nach einem musikalischen Intermezzo mit gefühlvollen Stücken von Aljosha Konter ging es in die Endrunde. Da insgesamt fast Punktegleichstand herrschte, durften alle drei Künstler ein weiteres Stück vortragen. Nach Tonja Krupinski „Siegfried oder nur wenn ich es will“ über sexuelle Selbstbestimmung folgte Marina Sigl mit einer humorvollen Auseinandersetzung mit „Der Literatur“.
Sieger des wortgewaltigen Abends wurde aber Richard König. Das Stück „Unvergesslich“ begeisterte mit „gepflegten Schwachsinn“, so König und erzählte mit schrägen Wortspielen seine Lebensgeschichte.