Jürgen Scharf

Beim neuerlichen Gastspiel des Oberrheinischen Sinfonieorchesters Lörrach bei den Schlosskonzerten konnte das Publikum Schuberts sinfonischen Kontinent betreten: die „Unvollendete“ hören, die zu den meistgespielten Sinfonien überhaupt gehört und sogar Schuberts fehlendes Klavierkonzert vernehmen – eine kongeniale Bearbeitung der „Wandererfantasie“ von Liszt für Klavier und Orchester.

Schubert: Um diesen Komponisten kreisten schon früher viele Konzerte dieses Orchesters, das auf eine 65-jährige Tradition blicken kann und anfangs etwas antiquiert „Oberrheinische Musikfreunde“ hieß.

Der 2016 verstorbene Gründer und langjährige Leiter Renatus Vogt, der das Mozartische in Schubert pflegte, setzte viel Schubert aufs Programm. Auch dieses jetzige Konzert hatte eine programmatische Geschlossenheit.

Mit gut 350 Zuhörern war die Stadthalle bestens gefüllt, um auch einen jungen Pianisten zu hören, Mathis Bereuter, der aus einer bekannten Lörracher Musikerfamilie stammt, und mit einer unverbrauchten Sicht auf Schubert/Liszt und einer erfrischenden und direkten Art die konzertante „Wandererfantasie“ spielte: unpathetisch, präzise und zupackend.

„Der Teufel soll dieses Zeug spielen“

Schon Robert Schumann gefiel dieses eigentliche Klavierstück Schuberts und er sah darin ein „ganzes Orchester“ zu zwei Händen, was Franz Liszt, ebenso ein Bewunderer dieser Klavierfantasie, aufnahm und auf das Orchester ausdehnte. So wurde aus dem Paradestück eines Pianisten ein Klavierkonzert.

Und wer im Programmheft gelesen hat, dass Franz Schubert pianistisch einmal kapitulierte („Der Teufel soll dieses Zeug spielen“), der kann sich die Anforderungen an den Solisten vorstellen. In dieser selten aufgeführten Liszt-Version kommt das Brillante und Bravouröse des an sich schon populären Klavierwerks noch potenziert heraus.

Mathis Bereuter ist es unverkrampft, unangestrengt und mit einem gewissen sportlichen Elan angegangen, wurde den Fortestellen, wilden Arpeggien und der anspruchsvollen Oktavarbeit als auch den lyrischen Passagen gerecht. Seine grifftechnische Sicherheit und unaufdringliche Virtuosität konnte gefallen. Das Orchester unter Leitung seines Chefs Stephan Malluschke bemühte sich, den Orchesterpart mit Farbigkeit und Kontur zu erfüllen.

Auf dem Programm standen auch Auszüge aus der Bühnenmusik zu „Rosamunde, Fürstin von Zypern“, einem romantischen Schauspiel: Ballettmusik, Zwischenaktmusiken und die Ouvertüre „Die Zauberharfe“. Diese feine Musik forderte viel Klangsinn vom Orchester, wie auch die abschließende „Unvollendete“. Zu hören war ein fülliger Tuttiklang und ein romantischer Bläserklang von Holz und Blech.

Die berühmte Sinfonie entsprach dem Tragiker Schubert, erklang zwischen Ernst und Tragik, so dass man meinen konnte, hier Schuberts Schicksalssinfonie zu hören. Dem satten Klangbild standen wunderschöne Soloeinsätze gegenüber. Insgesamt wurde eine etablierte Schubert-Sicht ganz aus dem Geiste und der Tradition des Orchesters geboten.