Um es vorweg zu nehmen: Die Lehrerversorgung an den weiterführenden Schulen in der Großen Kreisstadt sieht am Beginn des neuen Schuljahres relativ erfreulich aus. Nennenswerte Lücken gibt es an keiner der fünf angefragten Schulen. Aber einhellig betonen die Schulleiter: Ein Selbstläufer ist die Stellenbesetzung beileibe nicht. Immer größere Anstrengungen sind erforderlich, um Lehrkräfte für seine Schule zu gewinnen – und diese auch zu halten.
Hochrhein-Gymnasium Waldshut: „Lehrermangel wird sich zuspitzen“
Alle Stellen konnten besetzt werden – doch es sei deutlich schwieriger gewesen als gewohnt, bilanziert Markus Funck, Direktor des Hochrhein-Gymnasiums Waldshut, die Situation an seiner Schule zusammen. In einigen Fächern gebe es nur sehr wenige Bewerbungen. „Das Problem des Lehrermangels wird sich auch in den kommenden Jahren zuspitzen“, ist Funck überzeugt.
Nicht zuletzt die Magnet-Wirkung der Universitätsstadt Freiburg macht er dafür verantwortlich. Das sei natürlich gerade vor dem Hintergrund problematisch, dass auch die Schülerzahl am HGW wie bei den meisten anderen Schulen kontinuierlich zunehme.
Trotz allem spielen Quereinsteiger aus anderen Berufen als Lehrkräfte am Waldshuter Gymnasium keine Rolle, wie Funck erklärt.
Robert-Schuman-Realschule: „Quereinsteiger sind wichtiger Faktor“
Das sieht an der benachbarten Robert-Schuman-Realschule durchaus etwas anders aus, schildert Schulleiterin Lisa Bosch im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich bin sehr glücklich, dass wir vier hervorragende Quereinsteiger in unserem Team haben, die wir nun alle mit unbefristeten Verträgen ausstatten konnten.“
Die Anzahl der Quereinsteiger sei im Vergleich zu den meisten Schulen überdurchschnittlich. Es handle sich aber durchweg um „handverlesene“ Leute, die alle fachlich hochqualifiziert seien und noch dazu einen sehr guten Draht zu den Schülern entwickelt hätten. Im Rahmen von Fortbildungen erhielten sie das notwendige pädagogische und didaktische Rüstzeug, so Bosch: „Es sind Top-Leute und ich würde auf keinen dieser Kollegen verzichten wollen.“
Generell bedürfe es aber in der jüngsten Zeit eines deutlichen Mehraufwands, um Lehrkräfte an seine Schule zu holen. Daraus macht Bosch keinen Hehl. Dass sie persönlich gute Beziehungen ans Lehrerseminar nach Freiburg pflege, sei mit Sicherheit in Teilen für den Erfolg verantwortlich, so Bosch. Denn personelle Engpässe gibt es an der Robert-Schuman-Realschule in diesem Jahr ebenfalls nicht.
Es komme aber auch sehr darauf an, dass Lehrer sich wohl fühlten: „Das Arbeitsklima an einer Schule wird immer wichtiger“, bringt sie es auf den Punkt. Darüber hinaus lege die Schule seit geraumer Zeit einen Fokus auf Referendare, die aus der Region stammen: „Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sie nach der Ausbildung zurückkommen.“
Klettgau-Gymnasium Tiengen: „Lehrerberuf muss attraktiver werden“
„Wir sind mit der Lehrerversorgung am Klettgau-Gymnasium sehr zufrieden, das gesamte Unterrichtsangebot kann bei uns durch qualifiziertes Lehrerpersonal abgedeckt werden“, fasst Manfred Römersperger die aktuelle Lage an seiner Schule zusammen.
Abgänge konnten demnach durch Neueinstellungen kompensiert werden, die Unterrichtsversorgung wie auch das Angebot an Arbeitsgemeinschaften können aufrechterhalten werden, so Römersperger weiter. Erfreulich sei dabei, dass viele Lehrer, die das KGT im Lauf ihrer Ausbildung kennen gelernt hätten, durchaus auch bereit seien, später hierhin zurückzukehren.
Gleichwohl bereitet die allgemeine Entwicklung im Schulwesen auch dem Schulleiter des Tiengener Gymnasiums Sorgen. Wie in vielen Branchen herrscht Nachwuchsmangel. An den Gymnasien außerhalb der Universitätsstädte sei dies deutlicher spürbar. Die Attraktivierung des Lehrerberufs als solches könnte hier möglicherweise Abhilfe schaffen, so Römersperger.
Realschule Tiengen: „Schulleiter in engem Austausch“
Nach großen personellen Engpässen über weite Strecken des vergangenen Schuljahrs, die durch eine engagierte Gemeinschaftsleistung sehr gut bewältigt werden konnte, sieht Hans-Martin Bratzel seine Realschule am Beginn des neuen Schuljahrs personell gut aufgestellt.
Es sei allerdings viel persönlicher Einsatz notwendig, um dies zu bewerkstelligen, sagt Bratzel, der sich seit vielen Jahren für eine Verbesserung der Lehrerversorgung einsetzt: „Sichtbares Zeichen dieser Bemühungen ist die „Allianz für Schulleiter““, sagt er. Es gehe um die Vernetzung und den Austausch, aber auch um die Schaffung guter Rahmenbedingungen, so Bratzel: „Das Ganze hat auf jeden Fall schon tolle Ergebnisse gezeigt.“
Gleichzeitig zögen Schulamt und Schulträger mit den Schulen an einem Strang und bemühten sich sehr: „Wäre das nicht der Fall, wäre die Lage wohl sehr viel schlechter. Denn von allein kommt kaum noch jemand.“
Umso mehr freue er sich aber auch über die Leute, die auf Umwegen den Weg in den Lehrerberuf finden, so Bratzel. Hier das notwendige Weiterbildungsangebot vorzuhalten, um die zumeist hoch motivierten und fachlich sehr guten Leute ins Schulwesen zu integrieren, wertet er als wichtige Aufgabe.
Grund- und Werkrealschule Gurtweil: „Stellen uns gerne der Herausforderung“
Dass er sich bei seinem Kollegium auch einen „ortstreuen Lehrerstamm“ stützen könne, wertet Bernhard Zimmermann, Rektor der Grund- und Werkrealschule Gurtweil, als großes Glück. Viele Referendare blieben nach der Ausbildung und in der Regel kämen auch alle Kollegen nach absolvierter Elternzeit zuverlässig zurück.
„Wir sind aktuell eigentlich ordentlich versorgt und gehen von einem stabilen Angebot aus.“ Dass dies so bleibe, sei inzwischen wesentlicher Teil seiner Arbeit als Schulleiter, so Zimmermann weiter. Denn mit Blick auf die Zahl der Bewerbungen auf Stellenausschreibungen stehen Schulen vor einer „radikal veränderten Situation“, weil es eben viel zu wenige gebe.
Nicht nur eine gute Atmosphäre an der Schule sei entscheidend, sondern ein gutes Netzwerk. Auch Offenheit für neue Wege und neuen Input, wie ihn gerade Quereinsteiger an eine Schule zu bringen vermögen. „Es ist gerade eine sehr herausfordernde und anstrengende Situation, aber wir stellen uns gerne.“