Es war mitten in der Zeit des Koreakrieges (1950 bis 1953), der im Westen die Furcht vor einem Angriff aus dem Osten schürte. Gleichzeitig liefen hinter den Kulissen im sogenannten „Amt Blank“ Vorbereitungen zum Aufbau der schließlich 1955 gegründeten Bundeswehr. Dieses Amt, später das Verteidigungsministerium, organisierte auf Anordnung der damaligen französischen Besatzungsmacht 1952 den Einbau von Sprengkammern in Brücken und Straßen, um Panzer aufzuhalten. Auch die B 34 in Waldshut im Bereich der Ochsensteige gehörte dazu.

Die Nachricht über den Bau der Sprengkammern wurde vom „Amt Blank“ der Stadt Anfang 1952 übermittelt, was in Waldshut helle Aufregung auslöste. Der Gemeinderat wurde von Bürgermeister Dietsche zu einer Sondersitzung am Abend des 6. Februar 1952 zusammengetrommelt. Er informierte über die Pläne, womöglich schon ab dem 11. Februar in der B 34 an der Ochsensteige auf einer Länge von 75 Metern in fünf bis sechs Meter Tiefe acht Sprengkammern einzubauen.

Zusammen mit Dietsche waren sämtliche Ratsmitglieder der Ansicht, dass Sprengkammern militärisch nichts nützten, allenfalls der „Vernichtung unserer Heimat“ dienten. Denn durch die Ochsensteige führten die gesamten Versorgungsanlagen der Stadt (Wasser, Strom, Gas) sowie die Kabel des Schluchseewerks und des Rheinkraftwerks Albbruck-Dogern.

Schärfster Protest

Der Gemeinderat formulierte eine Resolution mit diesem Wortlaut: „Der Gemeinderat und die gesamte Bevölkerung der Stadt Waldshut erheben schärfsten Protest gegen dieses widersinnige Vorhaben; sie werden alles daran setzen, dass auf der Gemarkung Waldshut der Bau von Befestigungsanlagen verhindert wird. Auch bei einer Sprengung der B 34 bestehen für eine moderne Kampftruppe ausreichende Umgehungsmöglichkeiten, während die zivile Versorgung der Bevölkerung auf das Schwerste gefährdet ist.“

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In den darauffolgenden Tagen formierte sich eine breite Abwehrhaltung auch im Landkreis, wo ebenfalls einige Straßen für den Einbau von Sprengschächten vorgesehen waren. Dagegen erhob die Kreisversammlung (entsprach dem heutigen Kreistag) energischen Protest, ebenso wie viele Bürgermeister im Kreisgebiet und deren Gemeinderäte. Selbst die Belegschaft der Lonza-Werke Waldshut stellte sich nach einer Betriebsversammlung hinter die Protestierenden.

Am 20. Februar reiste eine Waldshuter Gemeinderatsdelegation mit Bürgermeister Hermann Dietsche nach Bonn und legte ihre Argumente gegen die geplanten Sprengkammern verschiedenen Dienststellen vor. Tatsächlich konnte die Delegation sogar das „Amt Blank“ überzeugen, das – wie der Alb-Bote berichtete – die Pläne für die Ochsensteige kritisch sah, weil „Waldshut der erste Fall sei, wo innerhalb eines Stadtgebietes, also in unmittelbarer Nähe von Häusern, Sprengkammern angelegt werden sollen“. Weshalb das Amt der Stadt zusicherte, sich bei der letztlich entscheidenden französischen Besatzungsmacht für die Zurückziehung der Pläne einzusetzen.

Keine Chance

Umso mehr enttäuschte der am 27. März 1952 um 8.40 Uhr im Waldshuter Rathaus eingehende Telefronanruf aus Bonn, mit dem das „Amt Blank“ der Stadt mitteilte, „dass das französische Militär nunmehr angeordnet hat, dass die Sprengschächte an der Ochsensteige gebaut werden müssen, weil aus taktischen Gründen darauf nicht verzichtet werden könne“. Gegen diese Anordnung könne das „Amt Blank“ nichts mehr unternehmen. Abschließend hieß es, dass „die Anlage der Sprengkammern mit aller Vorsicht vorgenommen wird, damit keine Schäden an der Stützmauer, den Gebäuden und an der Straße entstehen“.

„Diese Mitteilung des Bürgermeisters wirkte auf den gesamten Gemeinderat niederschmetternd wie eine Bombe“, berichtete der Alb-Bote aus der noch am gleichen Tag, dem 27. März, um 18 Uhr beginnenden Sondersitzung des Gremiums. Man habe ernstlich gehofft, dass die maßgebenden Stellen sich den gewichtigen und zahlreichen Argumenten gegen die Sprengkammern nicht verschließen würden. Es sei erschütternd, dass man den berechtigten Wünschen und Bitten einer ganzen Stadt die kalte Schulter zeige.

In einem Telegramm an Bundeskanzler Konrad Adenauer formulierte der Gemeinderat nochmals seinen Protest und bat den Kanzler „um sofortige persönliche Hilfe“. Zwar waren die Waldshuter sich bewusst, den von den Alliierten angeordneten Einbau von Sprengkammern in der ganzen Bundesrepublik nicht verhindern zu können. Zumal der Alb-Bote bereits im Februar vom Bau von Sprengkammern in der B 31 im Höllental, in der Brücke über die Ravennaschlucht und in der Albtalstraße bei Tiefenstein berichtet hatte.

Doch noch blieb die Hoffnung, dass wenigstens bewohnte Gebiete wie etwa die Ochsensteige in Waldshut verschont bleiben könnten. Sie wurde zunichtegemacht, als am 9. April 1952 das Waldshuter Rathaus das Schreiben erreichte, „dass der französische Hohe Kommissar seine Zustimmung zum Einbau der Sprengkammern an der Ochsensteige gegeben und die Bundesregierung über diesen Beschluss informiert habe“.

Die Rheinpromenade von Waldshut unterhalb der Ochsensteige: Von hier aus wurden im April 1952 die Sprengkammern in den Hang unter der B ...
Die Rheinpromenade von Waldshut unterhalb der Ochsensteige: Von hier aus wurden im April 1952 die Sprengkammern in den Hang unter der B 34 getrieben, jedoch nur mit Erdaushub wieder aufgefüllt. Wenige Jahre später, im Jahr 1960, wurde diese große Stützmauer zur Hangsicherung der Ochsensteige errichtet. | Bild: Werner Huff

Mit dem Einbau der acht Sprengkammern hatte eine auswärtige Baufirma wenige Tage später bereits begonnen, wie der Alb-Bote am 23. April 1952 berichtete. Die Schächte wurden von der Rheinhalde aus seitlich in den Hang unter der Straße getrieben und zum Schluss die Zugangsrohre verlegt. Abschließend wurden die Sprengkammern mit Erdaushub wieder aufgefüllt, denn erst im Ernstfall sollten die Kammern zum Sprengen vorbereitet werden. „Möge nie der Fall eintreten, dass eine Sprengung Wirklichkeit werden muss“, beendete der Alb-Bote vor 70 Jahren seine Berichterstattung zu diesem Thema.

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