Nach der Wiederöffnung der Grenze, an der wegen der Corona-Pandemie 13 Wochen lang strenge Einreisebeschränkungen galten, sind die Schweizer Einkaufstouristen in Waldshut zurück. Erwartungsgemäß gab es am gestrigen Montag keinen großen Ansturm, wohl aber einen regen Besuch eidgenössischer Kunden. Im Vordergrund standen dabei Lebensmittel- und Drogeriemärkte.
Formal fielen die Beschränkungen zwar erst am Montag um 0 Uhr, jedoch hatten die Behörden an der Grenze Weisung, schon den Tag über freien Reiseverkehr zuzulassen. Die Praxis zeigte denn auch, dass die Schweizer sich auf den 15. Juni eingestellt hatten. Ingo Plattner, Leiter des Kaufland-Markts in Waldshut, berichtet auf Anfrage dieser Zeitung über die Situation bei der morgendlichen Öffnung: „Um 7 Uhr hatten wir schon 150 Kunden aus der Schweiz.“ Zwar war der Andrang noch nicht so groß, dass die eigens installierten Absperrungen für Warteschlangen zum Einsatz kommen mussten. Jedoch sei bis 11 Uhr schon soviel Umsatz erreicht worden wie am Montag der Vorwoche bei noch geschlossener Grenze.
„Die Schweizer Stammkunden waren wieder da. Man spürt eine deutliche Belebung.“ Diese vorläufige Bilanz zog Inhaber Hubert Fechtig vom Edeka-Aktivmarkt am Viehmarktplatz. Bis gegen Mittag habe er im Vergleich zum Montagvormittag der vergangenen Woche etwa 30 bis 40 Prozent mehr Umsatz verbucht.
Entsprechend dem üblichen Geschäftsgang an Montagen bot sich in den anderen Branchen wie etwa dem Bereich Bekleidung noch ein eher ruhigeres Bild. Bei der May-Gruppe beispielsweise war laut Auskunft von Unternehmenssprecher Daniel Kistner zwar etwas mehr Frequenz zu verzeichnen. Ob das tatsächlich an der Grenzöffnung liege, könne aber nicht mit Bestimmtheit gesagt werden.
Jochen Seipp, Sprecher des Werbe- und Förderungskreises Waldshut, zog am Nachmitttag diese erste Bilanz: „Die Kundenfrequenz hat sich spürbar erhöht, aber das übliche Niveau ist noch nicht erreicht.“ Deutlich mehr Schweizer Kunden seien für den traditionellen Einkaufs-Samstag am kommenden Wochenende zu erwarten.
Indikator der schweizerischen Kundenzahlen sind stets die Ausfuhrkassenzettel, die zur Erstattung der Mehrwertsteuer vorgelegt werden. „Wir haben einen großen Andrang gehabt“, berichtet Mark Eferl vom Hauptzollamt Singen über die gestrige Situation in Waldshut, aber auch an der Außenstelle in Rheinheim. Konkrete Zahlen nannte der Sprecher der Behörde nicht. Nach Informationen dieser Zeitung wurden allein bis 10.15 Uhr in Waldshut etwa 200 Erstattungs-Scheine abgestempelt.
Zu den Schweizer Kunden, die gestern erstmals wieder nach Waldshut kamen, zählten aus Bremgarten im Kanton Aargau die 21-jährige Serena Leone und ihr gleichaltriger Partner Colin Saxer. Die beiden schätzen nicht nur das Warenangebot, sondern auch die spezielle Atmosphäre. Serena Leone: „Ich finde es schön, dass Waldshut eine Altstadt hat und man hier auch etwas essen gehen kann.“
Schweizer bringen Umsatz
Wegen der Corona-Pandemie hatten im März sowohl die Schweiz als auch Deutschland Einreisebeschränkungen verfügt. Nur mit „triftigem Grund“, worunter beispielsweise berufliche Tätigkeit fiel, durfte die Grenze passiert werden. Damit war schlagartig der Schweizer Einkaufstourismus unterbunden. Nach Schätzungen von Branchenkennern erzielt der Einzelhandel in Waldshut zu normalen Zeiten je nach Warengruppe zwischen einem und zwei Drittel seines Umsatzes mit den Kunden aus dem Nachbarland. In einzelnen Geschäften kann der Anteil noch höher liegen.