In der frohen Gesprächsrunde beim Treffen der Müllermeister des Meisterkurses 1988 in der Stadtmühle Tiengen vernimmt man Dialekte aus ganz Deutschland. Dennoch versteht sich der bayrische Müllermeister bestens mit seinem plattdüütsch schnackenden Kollegen aus Bremen oder dem pfälzisch babbelnden Müllerfreund aus Bad Bergzabern.

Austausch beim Müllermeistertreffen

Diese Herren der Müllerei, eine lustige Truppe von 13 Männer mit geballtem Sachverstand, lassen einfach mal die Seele baumeln. Die Wiedersehensfreude prägt das Treffen dieser Müllermeister aus ganz Deutschland.

Fachgespräche, Austausch und Einblicke in andere Mühlenbetriebe -mindestens eine Mühlenbesichtigung – sind Bestandteil der regelmäßigen Treffen, sie gehören zum jährlichen Begegnungsritual. Auch nach all den Jahren geht den Handwerksmeistern der Gesprächsstoff nicht aus.

Das gemeinsame Lachen, der Austausch und der Zusammenhalt machen das jährliche Treffen zu etwas ganz Besonderem. In Anlehnung an das Lied „Das Wandern ist des Müllers Lust“ bereitet den Müllermeistern das jährliche Treffen große Freude und viel Lust am Leben.

Meisterkurs vor 35 Jahren

Gemeinsam haben die Müller vor 35 Jahren vier Monate lang die Meisterschule in München – die es inzwischen nicht mehr gibt – besucht und erfolgreich abgeschlossen. Sie waren in einer Gemeinschaftsunterkunft für Menschen mit Behinderung untergebracht, was sie inzwischen als interessante Lebenserfahrung werten.

„Wir haben uns immer gut verstanden, haben einander geholfen, wo und wie immer es ging und haben viel Spaß miteinander gehabt“, erzählt der Müllermeister Jürgen Diekmann aus Bremen.

Müllermeister Jürgen Diekmann aus Bremen bekam jüngst eine Urkunde für das 150-jährige Bestehen seiner Schluttermühle.
Müllermeister Jürgen Diekmann aus Bremen bekam jüngst eine Urkunde für das 150-jährige Bestehen seiner Schluttermühle. | Bild: Alfred Scheuble

Er bekam jüngst eine Urkunde für das 150-jährige Bestehen seiner Schluttermühle, die er von seinen Vorfahren übernommen hatte. Und er ergänzt: „Jetzt aber ist es vorbei, nur noch ein bisschen Nostalgie.“

Änderungen im Berufsleben

Es hat sich vieles im Berufsleben der 13 Müllermeister verändert. Manche haben bereits aufgehört, einer hat umgeschult zum Bäcker, manche verkaufen lediglich noch Mühlenprodukte und einer hat seine Mühle zu einem sogenannten Boarding House, ein Motto-Hotel, ergänzt der Altmeister, umgewandelt, und wieder ein anderer wurde in seinem Heimatort zum Bürgermeister gewählt.

Es ist Hermann Augspurger aus Bad Bergzabern, der als einziger des Meisterkurses von 1988 inzwischen den Meister-Triple geschafft hat: Er ist Müllermeister, betreibt als Winzermeister einen eigenen Weinberg und ist ehrenamtlicher Bürgermeister seiner Heimatgemeinde in der Südpfalz mit 8900 Einwohnern.

Hermann Augspurger aus Bad Bergzabern ist Müllermeister, betreibt als Winzermeister einen eigenen Weinberg und ist ehrenamtlicher ...
Hermann Augspurger aus Bad Bergzabern ist Müllermeister, betreibt als Winzermeister einen eigenen Weinberg und ist ehrenamtlicher Bürgermeister seiner Heimatgemeinde in der Südpfalz mit 8900 Einwohnern. | Bild: Alfred Scheuble

Und er sagt lächelnd: „Man hat laufend zu tun, manchmal viel, manchmal etwas weniger.“ Sein Kollege Wolfgang Degenmeier erzählt, wie schwer es die letzten Jahre war, sich als kleine oder mittlere Mühle im Wettbewerb mit den Industriemühlen zu behaupten.

Zwar habe man während der Coronazeit als Nischenanbieter eine beachtliche Nachfrage gespürt, die aber längst wieder nachgelassen hat.

Müllermeister Wolfgang Degenmeier hat seine Mühle zu einem Boarding House, eine Art Hotel, umgewandelt.
Müllermeister Wolfgang Degenmeier hat seine Mühle zu einem Boarding House, eine Art Hotel, umgewandelt. | Bild: Alfred Scheuble

Seit den 1950er-Jahren kämpften Mühlen um den Erhalt, aber das Mühlenstilllegungsgesetz sowie die geänderten Wirtschafts- und Gesellschaftsbedingungen bewirkten einen Niedergang des alten Handwerkberufes.

Während früher in fast jedem größeren Dorf eine Mühle existierte, gibt es derzeit in manchen Bundesländern nur noch zwei bis drei Mühlen, so der Müllermeister Degenmeier aus Neuburg an der Donau.

Er selbst hat seine Mühle auch aufgegeben, produziert aber als angelernter Bäcker noch 20 Brotsorten für seine Stammkunden. Sein Mühlengebäude hat er zu einer Art Herberge umgebaut, in der die alte Mühlentechnik gut sichtbar ist und viele Zeichnungen und Fotos den einstigen Mühlenbetrieb in Erinnerung rufen.

Seit 1988 treffen sich nun die ehemaligen Meisterschüler jährlich im September für zwei Tage. Dabei geht es vereinzelt um Fortbildungen, aber vor allem um Geselligkeit und Einblicke in andere Berufswelten. Mal besichtigten sie ein Stahlwerk, dann ließen sie sich mal durchs Weserstadion in Bremen führen, ein andermal hockten sie sich in einen Flugsimulator auf einem Militärgelände.

Für zwei Tage haben die Müllermeister die mit Mehl verstaubten Arbeitsklamotten abgelegt und waren jüngst zu Gast bei Handwerkskollegen ...
Für zwei Tage haben die Müllermeister die mit Mehl verstaubten Arbeitsklamotten abgelegt und waren jüngst zu Gast bei Handwerkskollegen Thomas Hilpert, dem Betreiber der Stadtmühle Tiengen. | Bild: Alfred Scheuble

Zwei Tage Urlaub

Für zwei Tage haben die Müllermeister die mit Mehl verstaubten Arbeitsklamotten abgelegt und waren jüngst zu Gast bei Handwerkskollegen Thomas Hilpert, dem Betreiber der Stadtmühle Tiengen. Auf dem Programm standen der Besuch des Kavernenkraftwerkes in Wehr und einer Käserei in Hinterzarten, die Besichtigung der Blattert-Mühle in Wellendingen und eine ausgedehnte Freizeit am Schluchsee.

Dabei stand aber immer das muntere Gespräch im Mittelpunkt der gutgelaunten Müllermeister, so Hilpert.