Die Blicke verfolgen uns, als wir von dem großen Baumarkt-Parkplatz in Svolvær, der Hauptstadt der Lofoten, tuckern. Wir sind es mittlerweile gewohnt: entgegenkommende Autofahrer schmunzeln, Passanten zeigen mit dem Finger auf uns und Kinder rufen uns „Mr. Bean“ zu, obwohl der im Film in einem ganz anderen Fahrzeug unterwegs war.
Motor klingt wie eine kaputte Nähmaschine
Während Mr. Bean im Mini Cooper die Blicke auf sich zog, ist es bei uns ein knallgrüner Trabant 601. Doch die Aufmerksamkeit der Mitmenschen ist uns in diesem Moment absolut egal – denn seit wenigen Sekunden klingt der Motor unseres 32 Jahre alten Autos auf einmal wie eine kaputte Nähmaschine.
Es ist nicht die erste Panne während unserer mittlerweile elfmonatigen Reise. Im Juli 2021 sind wir in Lauchringen gestartet, einmal durch Deutschland und Dänemark gefahren und haben im August unser großes Ziel, Norwegen, erreicht.

Wir, das sind Dana Coordes, ehemalige SÜDKURIER-Redakteurin, Verkehrsingenieurin Franziska Plog und unsere Hündin Mango. Bis Mitte Oktober haben wir das Land der Fjorde und Trolle bereist, sind bis zur bekannten Atlantikstraße in Mittel-Norwegen gekommen, um dann ein Stück weiter südlich bis April unser Winterquartier auf einem Campingplatz aufzuschlagen.
Eine kleine Schraube und eine große Wirkung
Dort hat uns unser „Eddie“, wie wir unseren Trabi getauft haben, zum ersten Mal vor eine Herausforderung gestellt. Aus heiterem Himmel haben wir während der Fahrt eine Schraube der Achsaufhängung verloren und kamen gerade so nach einer 180-Grad-Drehung vor dem Felsen am Straßenrand zum Stehen – kleine Schraube, große Wirkung!
Davon abgesehen, ist unser Auto ein zuverlässiges Reisemobil. Eines, dass die elf Haarnadelkurven der „Trollstigen“ bewältigt hat, gemeinsam mit einem anderen Trabi durch die Stadt Bergen gefahren ist und dass uns versehentlich zu Mitfahrern einer Oldtimer-Rallye gemacht hat.
Zweitakteröl aus dem Baumarkt
Aber es ist eben auch ein Reisemobil mit Besonderheiten. Wir müssen regelmäßig die norwegischen Baumärkte nach Zweitakteröl absuchen, müssen wegen heißer Bremsen nach langen Bergabfahrten Pausen einlegen und schauen gelegentlich etwas neidisch auf die großen Wohnmobile, die einem unterwegs begegnen.

Denn auch wir schlafen in unserem Fahrzeug, wenn auch mit deutlich weniger Platz als andere Camper. Doch wir haben alles dabei, was wir benötigen: vom Campingkocher, über eine Klapptoilette bis hin zum Heckzelt für etwas mehr überdachten Raum.
Traumhafte Landschaft wird zur Nebensache
Doch an diesem Tag, hier am Straßenrand in Svolvær, sind die Gedanken an die traumhaften Landschaften, netten Begegnungen und einmaligen Erlebnisse weit weg. Vom Motor haben wir nicht viel Ahnung, aber wissen, dass er so definitiv nicht klingen sollte. Wir packen also unser Ratgeber-Buch aus und tüfteln drauf los.

Das Gute an einem so simplen Auto wie dem Trabant: man kann vieles selbst machen, denn die Werkstätten in Norwegen sind verständlicherweise keine große Hilfe. Zündkerzen raus, Lüfterrad lösen und Zylinderköpfe ausbauen – bei strömendem Regen, 7 Grad und auf dem einzigen überdachten Parkplatz, der zu finden war.
Die Finger sind gefroren, die Laune im Keller und die Meinung der Trabi-Experten anhand unserer gesendeten Bilder eindeutig: der Motor ist kaputt.
Hilfe aus der Trabi-Szene
Während wir uns erst einmal sammeln müssen, bricht dank Freunden, der Trabant-Szene und den sozialen Medien eine Welle der Hilfsbereitschaft über uns ein. Wir kriegen Motoren in Deutschland und Norwegen angeboten, eine Halle in der wir schrauben können, einen kostenlosen Schlafplatz solang wir ihn brauchen.
Und ein Angebot, das wir unmöglich ablehnen können: ein Trabifahrer bietet uns an, den Motor aus seinem Auto in Tschechien auszubauen, einzuladen und uns auf die 3500 Kilometer entfernten Lofoten zu bringen.

Wir können unser Glück kaum fassen, als der neue, gebrauchte Motor vor uns steht und nach wenigen Stunden eingebaut ist. Benzinhahn öffnen, Choke ziehen, Schlüssel drehen – und endlich klingt unser Auto wieder so, wie es klingen soll.
Die Reise kann weitergehen! Während das Ende nach rund 12.500 Kilometern zum Greifen nah war und es bereits erste Telefonate wegen eines Rücktransports nach Deutschland gab, tuckert der Zweitaktmotor nun wieder zufrieden vor sich hin.
Mit 26 PS machen wir uns also wieder auf den Weg – gespannt, welche Abenteuer uns noch erwarten.
