Musikalisch hat das Partnerschaftsjubiläum in Waldshut-Tiengen begonnen. Beim „Just 4 Music“-Konzert der Musikschule Südschwarzwald traten die Jugendstadtmusik Tiengen, die Big Band der Musikschule und die Bläserphilharmonie, ein Gemeinschaftsprojekt von Musikschule und Klettgau-Gymnasium Tiengen, mit dem Orchestre Éole des Konservatoriums Blois am 19. Mai vor einem begeisterten Publikum in der Stadthalle Waldshut auf. „Das ist ein schöner Auftakt, bei dem die Jugend zusammenkommt“, erklärte Kulturamtsleiterin Kerstin Simon im Vorfeld.
Seit mehr als 40 Jahren pflegt die Musikschule Südschwarzwald Kontakte zu dem französischen Blasorchester. Die Verbindung ist eines von zahlreichen Beispielen für die Freundschaften, die im Laufe der Jahrzehnte entstanden sind. 1963 hatte der damalige französische Staatspräsident Charles De Gaulle mit dem Elysée-Vertrag den Grundstein für die Städtpartnerschaften mit deutschen Kommunen gelegt. Auch Waldshut, das zu jener Zeit noch eigenständig war, ging in jenem Jahr eine Verbindung mit der Stadt Blois ein.
Dreieck der Freundschaft
60 Jahre Jumelage – das französische Wort für Städtepartnerschaft – soll 2023 groß gefeiert werden, genau wie die Freundschaft mit dem englischen Städtchen Lewes, die seit 1973 offiziell besteht. „Das Besondere ist, dass es ein Dreieck ist: Alle drei Städte sind untereinander verpartnert“, berichtete Simon im Pressegespräch, bei dem sie gemeinsam mit Markus Schmitt und Elvira Hansmann vom Freundeskreis Blois-Waldshut-Tiengen-Lewes über das Jubiläumsprogramm informierte.
Als Väter der Städtepartnerschaft gelten die Lehrer Manfred Kirchgässner aus Waldshut und Jean Lécaux aus Blois, die bereits in den 1950er-Jahren einen Schüleraustausch mit Jugendlichen aus den ehemals verfeindeten Nationen organisierten. „Der Grundgedanke der beiden war: Wenn man sich kennt, schießt man nicht aufeinander“, sagte Markus Schmitt, Vorsitzender des Freundeskreises, mit Blick auf den erst wenige Jahre zuvor beendeten Zweiten Weltkrieg.
„Es ist viel los in diesem Jahr – ein Hin und Her“, sagte Kerstin Simon über das Jubiläumsjahr. Erst kürzlich waren Schüler aus Waldshut-Tiengen zum Austausch in Blois. Der Gegenbesuch findet in der ersten Julihälfte statt. In den Pfingstferien wird die Jumeage drei Tage lang in der Doppelstadt gefeiert. Bereits am Donnerstag, 8. Juni, reisen laut der Kulturamtsleiterin dafür sowohl offizielle Delegationen als auch private Gäste aus Frankreich und England an.
Kulturprogramm zur Eröffnung
Der Reigen der öffentlichen Veranstaltungen wird mit einem Kulturprogramm in der Stadthalle Waldshut am Freitag, 9. Juni, eröffnet. Das Theater Kaleidolux aus Schwäbisch Gmünd tritt mit Sandmalerei und Schattenspiel auf. „In dieses szenische Bild wird man richtig hineingezogen“, kündigte Kerstin Simon an. Sollte das Wetter an diesem Abend gut sein, ist das Ensemble mit einem weiteren Programm in der Waldshuter Innenstadt zu erleben.
Am Samstag, 10. Juni, verwandelt sich die Waldshuter Kaiserstraße in einen trinationalen Marktplatz. An verschiedenen Ständen sollen Spezialitäten aus allen drei Partnerstädten verkauft werden. Zudem gibt es Livemusik und Aufführungen verschiedener Gruppen.
Brexit verhindert Einfuhr
Elvira Hansmann bedauert, dass keine Lebensmittel und Getränke aus England eingeführt werden können. Als Grund nannte die stellvertretende Vorsitzende des Freundeskreises den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union.
„Der Brexit macht leider vieles schwierig“, erklärte sie und verwies auf eine junge Brauerei aus Lewes, die ihr Bier gerne in Waldshut-Tiengen vorgestellt hätte. Die Papierflut für den Antrag auf Einfuhr mache dies aber unmöglich.
Um den Besuchern des Marktes dennoch eine englische Spezialität anbieten zu können, will sich Elvira Hansmann selbst in die Küche stellen und Scones backen – jenes Gebäck, das auf den britischen Inseln gerne zur sogenannten Tea Time serviert wird.
Das Festprogramm auf einen Blick
Der Samstag klingt am Abend mit einem öffentlichen Festakt in der Stadthalle Waldshut aus. Bei dieser Gelegenheit sollen unter anderen die Partnerschaftsurkunden erneuert werden. Am letzten Tag des Jubiläumsprogramms verlagert sich das Festgeschehen nach Tiengen. Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Kirche Mariä Himmelfahrt findet die Vernissage der Karikaturenausstellung „La caricade franco-allemande“ im Schloss statt.
Münzen, Weingläser und Vesperbrettchen
Für alle Veranstaltungen hat das Kulturamt einen Münzprägeautomaten gemietet, wie es ihn häufig bei Sehenswürdigkeiten gibt. Die Maschine kann das Signet des Freundeskreises, das kürzlich um den Tiengener Storchenturm ergänzt wurde, auf ein Geldstück stanzen. Zudem sind laut Kerstin Simon Weingläser und Vesperbrettchen als Erinnerungsstücke vorgesehen.
Mit dem Wochenende im Juni enden die Feierlichkeiten noch nicht. Die Kulturamtsleiterin kündigte einen Fotowettbewerb für Jugendliche aus allen drei Städten für die zweite Jahreshälfte an. Zudem stehe die Veranstaltung „Tiengen liest“ Ende Oktober ganz im Zeichen der Städtepartnerschaft.