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Tiengen – Als Zeitzeuge besuchte Hartwig Kluge aus Freiburg die Schülerinnen und Schüler der Klassen 10a und b des Klettgau-Gymnasiums Tiengen im Geschichtsunterricht, um ihnen über sein Schicksal als DDR-Bürger, der mit seiner Flucht in den Westen scheiterte, zu berichten und sich anschließend zahlreichen Fragen der Jugendlichen zu stellen.

Das Gefängnis Roter Ochsen in Halle war für den Referenten „eine traumatische Erfahrung“, denn hier war Kluge 1969 wegen Republikflucht inhaftiert. Nach dem missglückten Versuch im Januar 1969, über die ungarisch-tschechische Grenze in die Freiheit zu gelangen, wurde der damals 22-Jährige zunächst in Budapest in Untersuchungshaft gebracht. Als emotional belastend empfand er diese vier Wochen, wo er bereits von Offizieren des DDR-Staatssicherheitsdiensts (Stasi) verhört wurde. Dabei kamen auch die Flugblattaktionen auf den Tisch, an denen er als Student der kirchlichen Hochschule Naumburg beteiligt war. "Das Schlimmste waren jedoch die vier Monate Untersuchungshaft im Roten Ochsen ab Februar 1969", so Kluge. Die Ungewissheit, wie es weiter geht, sei sehr belastend gewesen. Erst im Juni 1969 fiel dann das Urteil: 18 Monate Gefängnis wegen Republikflucht. Einen Teil dieser Haft saß der angehende Kirchenjurist in Halle ab, zwei Monate aber auch in Cottbus. Ende 1969 wurde er von der Bundesrepublik Deutschland freigekauft. Viele Details seiner Zeit im Roten Ochsen hat Hartwig Kluge damals schwarz auf weiß festgehalten. In einem Tagebuch notierte er Namen und Daten von Mithäftlingen und von Stasi-Leuten. Doch bei seinen Besuchen an Schulen ist es nicht die Intension des Zeitzeugen, von Rache und Wut zu erzählen, sondern es geht ihm vielmehr darum, den Schülern zu erklären, wie eine Diktatur funktioniert.

Die Zehntklässler des Klettgau-Gymnasiums werden im Februar eine Woche nach Berlin fahren. Neben einem Besuch des Deutschen Bundestags, bei dem ein Zusammentreffen mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Thomas Dörflinger geplant ist, wird auch ein wichtiger Programmpunkt der Besuch der Gedenkstätte Hohenschönhausen sein, ein berüchtigtes Stasi-Gefängnis des DDR-Regimes.

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