Interview zum Weltfrauentag am 8. März mit der Autorin Gesine Cahenzli über „Loverboys“, die jungen Mädchen die große Liebe vorgaukeln.

Frau Cahenzli, für den 10. März ist im Rahmen der Veranstaltungen zum internationalen Frauentag ein Vortrag mit dem Thema „No Loverboys“ angekündigt. Das ist auch Thema Ihres Buches „Liebesver(sp)brechen“. Was ist eigentlich ein Loverboy?

Loverboys sind Zuhälter, meist junge Männer oder Teenager, die minderjährige Mädchen in die Prostitution zwingen. Dabei spielen Loverboys ihren Opfern die große Liebe vor. Was aber anfangs nach Liebe aussieht, wird zu einer schrecklichen Falle für die Mädchen.

Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Vor zwei Jahren habe ich in der Tagespresse ein ausführliches Interview mit Bärbel Kannemann, der Initiatorin des Vereins „NO loverboys e.V.“, gelesen. Danach hat mich die Thematik nicht mehr losgelassen. Insbesondere hat mich die Frage beschäftigt, wie es den Tätern gelingt, ihre Opfer von sich abhängig zu machen und so zu manipulieren, dass diese oft erst sehr spät erkennen, dass die Liebe, für die sie so vieles geopfert haben, nur vorgespielt war.

Das Buch schildert eine dramatische Phase im Leben einer 15-Jährigen, die sich mit einem Loverboy eingelassen hat. Ein exemplarischer Fall?

Ob man die Figur der Sophie als exemplarisch bezeichnen kann, müssen diejenigen entscheiden, die mit den realen Fällen befasst sind. Natürlich weist meine Geschichte Elemente auf, die in vielen tatsächlichen Fällen eine Rolle spielen, wie zum Beispiel Sophies Entfremdung von ihren Eltern. Andererseits ist Sophie aber auch, wie jedes Mädchen, einzigartig in ihrem Charakter und ihrer individuellen Situation.

Wie sieht ein typisches Opfer aus. Gibt es das überhaupt?

Die Aussagen von Bärbel Kannemann machen deutlich, dass Mädchen aus allen sozialen Schichten zu Opfern werden können. Der Wunsch eines jugendlichen Mädchens danach, begehrt und geliebt zu werden, ist ja etwas ganz Natürliches. Dies nutzen die Täter aus, indem sie ihren Opfern die große Liebe vorspielen und sie so emotional von sich abhängig machen.

Wie können gleichaltrige Freunde und Erwachsene so etwas verhindern? In Ihrem Buch schildern Sie, dass Sophie lange Zeit eigene Zweifel und Bedenken ihres Umfelds nicht zulässt.

Auch wenn ich mich selbstverständlich für mein Buchprojekt intensiv mit der Problematik beschäftigt habe, bin ich ja keine Expertin auf dem Gebiet. Mit Sicherheit ist der Verein „NO loverboys e.V.“ hier der richtige Ansprechpartner. Auf der Homepage des Vereins gibt es die Möglichkeit, direkt mit Frau Kannemann Kontakt aufzunehmen. Sophie ist davon überzeugt, dass sie in dem Loverboy Enzo ihre große Liebe gefunden hat. Je mehr sie für diese Liebe opfert, umso mehr klammert sie sich an ihren Glauben, dass auch Enzo sie liebt. Dies ist für mich nachvollziehbar, da sie sich ja in dem Moment, in dem sie erkennt, dass sie getäuscht wurde, eingestehen muss, sich umsonst geopfert zu haben.

In dem Vortrag wird auch über Hilfsmöglichkeiten informiert. Wie könnten die aussehen?

Zu dieser Frage wird man in dem Vortrag von Frau Popanda sicherlich die richtigen Antworten erhalten.

Auch Eltern und Freunde leiden mit. Wo können sie sich Rat holen?

Bei den zuständigen Stellen des Jugendamtes und beim Verein „NO loverboys e.V.“


Sophie erlebt einen Albtraum

In ihrem Buch „Liebesver(sp)brechen erzählt die Tiengener Lehrerin Gesine Cahenzli die Geschichte der 15 Jahre alten Sophie und ihrer großen Liebe.
Man ahnt schon, dass der anfangs rosaroten Liebesgeschichte zwischen der 15 Jahre alten Sophie und ihrem 18 Jahre alten Freund kein glückliches Ende beschieden ist. In ihrem Buch „Liebesver(sp)brechen“ beschreibt Gesine Cahenzli, wie sich das Mädchen immer tiefer in eine Einbahnstraße führen lässt, deren Regeln nur ihr Freund vorgibt. Im Prolog und in Tagebucheintragungen kommt Sophie selbst zu Wort. „Ich habe einen Albtraum erlebt“, schreibt sie. „Heute frage ich mich, wie kann man nur so blind sein?“ Ja, wie? Die beste Freundin und die Familie erkennen zuerst, wo das Verhältnis hinsteuert. Das Mädchen wird seinem Umfeld entsfremdet, erlebt Gewalt und Demütigung. Immer tiefer führt die Autorin den Leser in die ausweglose Lage von Sophie, sachlich, aber deshalb umso überzeugender. Die 15-Jährige kann den ersten Schritt aus der Abhängigkeit tun. Aber, auch das macht Gesine Cahenzli deutlich, es wird ein langer Weg zurück. (uma)

Gesine Cahenzli: Liebesver(sp)brechen“, Kid Verlag. 93 Seiten, 10,40 Euro.

Zur Person

Gesine Cahenzli, Jahrgang 1966, ist Realschullehrerin in Tiengen. Neben Jugendliteratur verfasst sie Kurzprosa und Lyrik. „Liebesver(sp)brechen“ ist ihr erster veröffentlichter Jugendroman. Eine Lesung wird in der Buchhandlung Kögel in Tiengen am Freitag, 6. Mai, um 19.30 Uhr stattfinden. „No Loverboys“ ist am Donnerstag, 10. März, 20 Uhr, Thema eines Vortrags zum Weltfrauentag. Die Kriminologin Bettina Popanda spricht in der Gemeinschaftsschule Rheintal in Küssaberg.