Jürgen Scharf

Ein Beispiel, wie schön zwei Kulturen sein können, wenn sie sich mischen, hört man im letzten Satz „Fuoco“ aus der Libra Sonatina des tunesisch-französischen Komponisten Roland Dyens. Allein schon diese Zugabe war beim Konzert des albanischen Meistergitarristen Admir Doci ein wirkliches Kabinettstückchen an Virtuosität und Fingerfertigkeit.

Was Doci bei seinem gloriosen Auftritt im Rahmen des Gitarrenfestivals „Akkorde“ im zu zwei Dritteln gefüllten Schlosskeller Tiengen auf seinem 13-saitigem Instrument vorführt, war von höchster fingertechnischer Raffinesse. Auf dieser Spezialanfertigung kann der angesagte Klassikgitarrist sogar Barockmusik spielen. Normalerweise greifen Gitarristen zu Instrumenten mit sechs bis zehn Saiten, aber um Originalliteratur für Laute auf der Gitarre spielen zu können, braucht es diese 13 Saiten.

Der Gitarrist aus Tirana spielt auf dem eigens für ihn angefertigten Sondermodell vornehmlich Transkriptionen aus der Barockmusik. Mit ihrer größeren Halsbreite und dem dicht mit Saiten bespannten Griffbrett ist dieses Gitarrenmodell allein schon vom Anblick her faszinierend, aber was man daraus an Klängen „zaubern“ kann, führte Doci mit kultiviertem Anschlag und musikalischer Hingabe vor.

Der Konzertgitarrist, auch Dozent für Klassik, spielt in sich versunken, mit geschlossenen Augen, der Musik nachhorchend, besonders sensibel und klanglich besonders delikat.

Sachkundig und höchst präzise, wie er die unbekannte Barocksuite des „königlichen Gitarrenspielers“ Ludwigs XIV., Robert de Visée, ein ziemlich trauriges Werk, vorträgt. Voller Fluss und Poesie. Und erst, wie er die Sonate des zu Unrecht wenig beachteten Lautenisten Bernhard Joachim Hagen interpretiert, ein ebenso unbekanntes Werk der Frühklassik, das nicht nur eine 13-saitige Gitarre voraussetzt, sondern ebenso ein hohes Maß an Technik und Virtuosität.

Doci ist sicher der Erste in der Gitarrenwelt, der das spielt. Trotz der hohen technischen Anforderungen verliert er bei den spätbarocken Verzierungen und den affektgeladenen Stellen nicht den galanten, empfindsamen Ton der vorklassischen Zeit aus den Augen. Eine Trouvaille besonderer Art war der Marche funebre von Fernando Sor in feinsinniger Anschlagskultur und sauberster Phrasierung; ein Muss „Asturias“ von Isaac Albeniz, eigentlich ein Klavierstück im gitarrentypischen Idiom, mit dem Doci sein Recital beginnt.

Die hypnotische, türkisch inspirierte Koyunbaba-Suite des italienischen Gitarrenkomponisten Carlo Domeniconi, ein sensationeller Erfolg bei Spieler und Publikum aus den 80er Jahren, die Admir Doci mit fingertechnischer Raffinesse auf 13 Saiten transferierte, muss man einfach gehört haben! Jürgen Scharf

Weitere Konzerte: Wise-Dietkron-Band, 8. Oktober, Wehr; Dream Catcher, 14. Oktober, Bad Säckingen; Rodrigo Guzmán, 23. Oktober, Laufenburg; Autschbach und Illenberger, 28. Oktober, Waldshut-Tiengen.
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