Für den 38-Jährigen, der im Juni 2016 in der Kreisstadt zwei Kinder missbraucht haben soll, geht es heute um die Frage: Haft- oder Bewährungsstrafe. Für drei Übergriffe, die er am ersten Verhandlungstag einräumte, forderte der Staatsanwalt drei Jahre und neun Monate Strafhaft. Der Verteidiger hält 18 Monate auf Bewährung für den nicht vorbestraften Informatikfachmann aus Ostdeutschland für angemessen. Der Angeklagte hatte als Besucher einer Familie das (noch) 13-jährige Mädchen der Nachbarn beim Übernachten im Zelt auf dem Hofgrundstück an Scham und Brust berührt. Kurz danach "streichelte" er die zehnjährige Tochter des Gastgebers im Schambereich. In der letzten Nacht schließlich penetrierte er deren Geschlechtsorgane etwa zehn Minuten lang mit der Zunge. Für die Anklage klare Fälle des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, bei dem das Strafrecht von Vergewaltigung oder anderem Eindringen in den Körper ausgeht. Letzteres hielt Staatsanwalt Florian Schumann in den ersten beiden Fällen nicht für bewiesen, sah somit zwei minder schwere Fälle.
Dies galt nicht für den dritten Fall. Der Unterschied: Beim schweren Missbrauch drohen mindestens zwei Jahre, beim minder schweren Fall ein Jahr Haft – somit ist Bewährung möglich. In der Summe kam Schumann auf drei Jahre und neun Monate Gefängnis. Die Anwälte beider Opfer als Nebenklägerinnen, Andreas Hapig und Viktoria Hanschmann, schlossen sich der Forderung an und sahen auch im ersten Fall keinen minderschweren: Der Täter habe wissen müssen, dass das Mädchen noch keine 14 Jahre alt gewesen sei.
Verteidiger Florian Berthold sah zwar sexuellen Missbrauch, aber durchweg minderschwere Fälle. Er schreibt die Ursache der "sexuell verrutschten Persönlichkeit" seines Mandanten zu, der nach eigener Schil-derung noch nie eine sexuelle Beziehung aufbauen konnte. Subjektiv aus seiner Sicht habe der Mann kein Vertrauen missbraucht, sondern sich "an gefühlt Gleichaltrige herangemacht". Der 38-Jährige habe keine Gewalt angewandt und sich in psychiatrische Behandlung begeben. Das Gericht solle ihm, unter Auflagen, die Chance einer Bewährung geben. Das Urteil wird heute erwartet.