Johannes Schanz

Die Eröffnungsveranstaltung des diesjährigen Festivals „Kirchenmusik grenzenlos“ an Liebfrauen in Waldshut stand ganz im Zeichen des zweihundertfünfzigsten Todestages von Georg Philipp Telemann. Nach seiner informativen und kurzweilig Begrüßung eröffnete Kantor Oliver Schwarz-Roosmann mit dem klangvollen Präludium in C-Dur von Franz Xaver Richter das insgesamt fast vier drei Stunden dauernde Programm, das kurzweilig, originell und teilweise atemberaubend virtuos die unterschiedlichsten Facetten von Musik, die durch unser Lebenselixier Luft erzeugt werden kann.

Ihm zur Seite stand das Bläserensemble der Musikschule Südschwarzwald, das immer wieder besondere Akzente zu setzen wusste und so lauschten knapp siebzig Zuhörer andächtig den Orgel- und Bläserklängen, die teils virtuos klangvoll, teils rhythmisch die Weiten der Waldshuter Liebfrauenkirche füllten, dabei erklangen originelle Bearbeitungen großer Meister wie Mozart oder Telemann, aber auch originale Kompositionen von Tonsetzern, die zu Lebzeiten, und bei Liebhabern der Barockmusik auch heute noch, beliebt waren und sind.

Im zweiten Teil des Abends betrat einer der bekanntesten und originellsten Organisten der Region die Orgelbühne. Mit Werken, die heiter und verschmitzt, mit fröhlichem Augenzwinkern die heitere Seite der Königin der Instrumente vor Augen führte, präsentierte Professor Michael Felix aus Bad Säckingen einen Johann Sebastian Bach ohne Perücke, einen Mozart in Hemdsärmeln und einen Antonio Diana, wie er Puccini huldigt und dennoch seinen eigenen Stil entwickelt. Sein Vortrag unter dem Titel: „Die heitere Orgel“ erfreute nun mehr als achtzig Zuhörer.

Fröhlich angehauchte Orgelwerke aus vier Jahrhunderten, die so fast nie im Gottesdienst zu hören sind, zeigten die Bandbreite und die Vielfalt dieses Instruments. Und mussten zu Lebzeiten mancher Komponisten (Vincenzo Petrali, Antonio Diana oder Alfred Lefébure-Wely) bei deren Konzerten die Kirchen wegen Überfüllung geschlossen wurden, so waren in Waldshut wenigstens die Herzen der Zuhörer übervoll, und die Klänge aus längst vergangenen Zeiten schufen Rückzugsräume, die die Gegenwart schlichtweg vergessen ließen. Mittendrin: Professor Felix als Chronist der heiteren Seiten des Lebens. Voller Schwung, Elan, Präzision schuf er mit jedem interpretierten Werk musikalische Kostbarkeiten, die hintereinander aufgereiht eine prächtig funkelnde Perlenkette ergaben.

Viel zu schnell verging die Zeit und ehe man es sich versah, folgte der für solche Programmzusammenstellungen obligatorische „Rausschmeißer“: Das „Sortie“ in Es-Dur von Alfred Lefébure-Wely, das in rasender Eile zum Imbiss in der Pause ins Gemeindehaus lud. Aber ohne Zugabe (Entertainer von Scot Joplin) ließen die Zuhörer den Meister der Tasten nicht von der Orgelbank. Den dritten Teil dieser fantastischen Orgelnacht gestalteten dann Anne Roosmann (Orgel) und Ulf Kühner (Oboe und Englischhorn) bewusst meditativ und wohltuend ruhevoll ausgeglichen. Passend zum zweihundertfünfzigsten Todestag von Georg Philipp Telemann interpretierten die beiden Künstler der leiseren Töne seine wunderschöne Sonata in g-moll.

Ein elegisches Largo mündete in ein wohltuens moderates Presto und so setzte dieses Werk gleich die richtigen Akzente für eine Serenade zu vorgerückter Stunde. Auch hier wechselten sich Orgelsoli mit klangvollen Oboen Werken ab du zeitlose Schönheit überbrückte die Jahrhunderte mit jeweils typischen Werken aus Barock, Romantik und Neuzeit. Harmonisch ausgewogen ging der Abend mit Ralph Vaughan Williams zu Ende und herzlicher Applaus dankte den beiden kongenialen Künstlern, die durch ihr wundervoll stimmiges Spiel dem Abend noch einmal eine ganz besondere, nachdenklich philosophische Note verliehen haben.