Das Verkehrsministerium macht Dampf. Das Land will, wie ausführlich berichtet, still gelegte Eisenbahnstrecken für den Personennahverkehr reaktivieren, Bau- und spätere Betriebskosten ordentlich bezuschussen. So sind die Aussichten wohl gut, dass auch auf der Wutachtalbahn zwischen Stühlingen und Lauchringen, weiter bis Waldshut, in naher Zukunft wieder ein regulärer Bahnbetrieb herrscht. In einer vom Land beauftragten Potenzialanalyse ist von einem möglichen Einstundentakt die Rede.

Potenzielle 960 Einstiege pro Tag

Ausgehend von den Strukturdaten in den Gemeinden entlang der 17,4 Kilometer langen Bahnstrecke hat die PTV Transport Consult (Karlsruhe) potenzielle 960 Einstiege pro Tag errechnet. Die Wutachtalbahn ist mit 500 bis 750 Fahrgästen je Schultag mit einem mitteleren Nachfragepotenzial bewertet. Laut Studie wohnen in den Gemeinden rund 24.000 Menschen im Einzugsbereich von drei Kilometern zur Bahnlinie, 8590 Arbeits- und 1440 Schulplätze (Zahlen aus 2017 und 2018) liegen in diesem Korridor.

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Christian Brinkmann, Betriebsleiter der Blumberger Bahnbetriebe als Infrastrukturbetreiber der Strecke, sieht die Wutachtalbahn im Vorteil. Seit 2019 rollt der Schülerverkehr schon durchgängig bis nach Stühlingen. „Im Gegensatz zu anderen Strecken im Reaktivierungsprogramm sind wir schon viel weiter. Wir haben bereits einige wichtige Baumaßnahmen umgesetzt“, erklärt er. Und: Die Bahnübergangssicherungsanlage in Stühlingen und ein neuer Bahnsteig in Eggingen seien in der Genehmigungsphase. Geplant seien die Eberfinger Bahnübergänge. Überdies sollen neue Haltepunkte gebaut werden.

In 37 Minuten von Waldshut nach Stühlingen

„Von Waldshut bis Stühlingen ist eine Fahrzeit von 37 Minuten angestrebt, wenn alle Maßnahmen umgesetzt sind, obwohl drei neue Haltepunkte hinzu kommen. In der Hauptverkehrszeit schafft man das mit dem Auto nicht“, sagt Brinkmann.

Schüler nutzten indes das bestehende Angebot sehr gut. Bei manchen Fahrten seien die 80 Sitzplätze fast vollständig belegt. Bei den Rückleistungen bestehe noch viel Luft. „Aber das ist typisch für den Schülerverkehr.“

Schüler steigen aus der Wutachtalbahn aus.
Schüler steigen aus der Wutachtalbahn aus. | Bild: Gerald Edinger

„Nun ist das Ziel, auch vermehrt Pendler in die Züge zu locken“. meint Brinkmann. Dazu brauche es eine Verbindung von Waldshut, Tiengen und Lauchringen ins Wutachtal, und man müsse das Zug-Angebot auf Oster- und Herbstferien erweitern.

Landrat freut sich über das Ergebnis

Landkreis und Gemeinden sehen die Offensive des Landes positiv. „Wir werden die Chancen einer vollen Reaktivierung der Wutachtalbahn prüfen. Mit allen Partnern klären wir den Auftrag einer entsprechenden Machbarkeitsstudie„, sagt Landrat Martin Kistler. Das heißt: Gemeinsam mit den Gemeinden an der Strecke soll geklärt werden, ob eine Machbarkeitsstudie, einschließlich einer Kosten-/Nutzenuntersuchung in Auftrag gegeben wird.

Die Chancen tiefer ausloten

Michael Swientek, Sprecher des Landratsamts, schreibt auf Nachfrage: „Das Gutachten hat gezeigt, dass die Wutachtal- und Wehratalbahn gute Nachfragepotenziale haben. Für beide Strecken sollten die Chancen tiefer ausgelotet werden.“

Positives Echo beim Lauchringer Bürgermeister

Lauchringens Bürgermeister Thomas Schäuble sieht gute Chancen: „Es liegt an den Leuten, wie sie das Angebot nutzen. Alle Partner ziehen auf jeden Fall an einem Strang.“ Die Maßnahme sei absolut zielführend, die Strecke sei gut in Betrieb zu nehmen. Er hält die Pläne für sinnvoll: „Wenn man sieht, wie viel Verkehr auf der Straße ins Wutachtal fließt.“

Die Geschichte der Wutachtalbahn

Blumberger Bahnbetriebe und Kreis betonen jedoch, dass eine Konkurrenz zum Bus nicht entstehen soll. „Schiene und Bus müssen aus einem Guss sein, sie müssen aufeinander abgestimmt sein“, schreibt Landratsamtssprecher Michael Swientek. Es gelte, neue, abgestimmte Buskonzepte zu entwickeln. Schienenverbindungen würden Busverbindungen teilweise ersetzen.

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Christian Brinkmann bremst die Euphorie ein wenig, obwohl er an die Realisierung eines Regel-Bahnbetriebs glaubt: „Ein Stundentakt von früh morgens bis spät abends wird sicherlich eine Zeit lang noch Vision bleiben. Jedoch wird das Zugangebot organisch wachsen, sodass der Nutzen für die Bürger immer größer wird.“

Züge sollen Busse nicht leeren

Organisch deshalb, weil im Wutachtal die Südbadenbus-Gesellschaft (SBG) ein dichtes eigenwirtschaftliches Busangebot aufrecht erhalte. „Das heißt, hier fließen keine Zuschüsse der Kommunen“, erklärt der Eisenbahnbetriebsleiter. Eigenwirtschaftlich funktioniere dies nur so lange, wie genügend Menschen im Bus mitfahren. Brinkmann: „Die Züge sollen die Busse nicht leeren, sondern das Zusatzangebot kann nur so wachsen, wie insgesamt mehr Fahrgäste im Tal den Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPVN) nutzen.“

Nachfragepotenzial könnte gesteigert werden

Die Frage, ob die Zahl der Fahrgäste bei einer „echten Reaktivierung“ entgegen der von der Analyse ausgehenden 500 bis 750 Fahrgäste gesteigert werden könnte, sieht das Landratsamt als schwierig zu beantworten. Aber: „Wir können uns gut vorstellen, dass es in Verbindung mit dem Thema Klimaschutz und übergeordneten politischen Zielvorgaben durchaus zu einem höheren Nachfragepotenzial im Wutachtal führen kann.“