Bis 1960 genossen die Stühlinger ihre sommerlichen Badefreuden in chlorfreiem Wutachwasser, nämlich im „Ränkli“, dort, wo das Waser des Heimburgerkanals in die Wutach zurückfloss, und im aufgestauten Heimburgerkanal oberhalb der Schraubenfabrik. Altstadt-Kinder planschten in den drei Stadtbrunnen und dann gab es noch zahlreiche andere kleine Bachläufle. Nur ins Metzgerbächli traute sich niemand, denn das Wasser dort konnte von jetzt auf gleich blutrot werden, nämlich dann, wenn in der Metzgerei Schüle Schlachttag war.

Nach dem Krieg besuchten nicht wenige Stühlinger auch das Naturbad in der Schweizer Nachbargemeinde Obwiesen im mit Wutachwasser gespeisten Gonon-Kanal. Dort gab es sogar Umkleidekabinen für Männlein und Weiblein, während auf der deutschen Seite Buschwerk als Sichtschutz herhalten musste. Es wurde zwar nicht offiziell ausgesprochen, aber der „Spiegel“ gehörte der geschlechtsreifen Jugend, während das „Ränkli“ den Status Familienbad hatte.
Gefahr des Ertrinkens
Ein Unglück ereignete sich am Dreifaltigkeitssonntag 1918. Damals ertranken Walter und August Willin, neun und 13 Jahre alt, in einem gefährlichen Strudel etwa auf Höhe der Schraubenfabrik Heimburger. Friseurmeister Walter Willin (79) erhielt in Erinnerung an einen der Ertrunkenen den Namen Walter. Heute sind diese Naturbäder verschwunden, denn irgendwann wurde die Wutach begradigt.

Als die Stühlinger Stadträte sich dann Mitte der 1950er Jahre zum Bau eines Schwimmbads entschlossen, stellte sich vor allem die Platzfrage. Zwar gab es geeignete, ortsnahe Gelände mit Sonneneinstrahlung bis in die späten Abendstunden zwischen Hallauer Brücke und Sportplatz. Doch der Gemeinderat entschied sich dennoch für eine Trockenwiese in Hanglage im Weilertal. Dieses schwierig zu bewirtschaftende Gelände gehörte „Rebstock“-Wirt Roland Porten, der damals auch Ratsmitglied war. Mit einem Fest wurde 1960 das Bad eröffnet. Als sittenstrenge Bademeister sind Hanusch und Elvira Willuweit sowie Wendelin Huber in Erinnerung.

44 Jahre später war das städtische Freibad absolut marode. Sanierung, Neubau oder Schließung? So lautete die Gretchenfrage. Als die Schließung drohte, nahmen Stühlinger das Heft in die Hand und gründeten den „Förderverein Schwimmbad“, dem gleich rund 200 Mitglieder beitraten. In Etappen wurde das Freibad von den „Schwimmfreunden Stühlingen“ saniert. Sie investierten 505 000 Euro und leisteten 50 000 Arbeitsstunden. Jetzt ist die Anlage wieder in Top-Zustand.
