Eichens große Se(e)henswürdigkeit ist wieder aus der Versenkung aufgetaucht: Der Eichener See ist erstmals seit zwei Jahren wieder an der Oberfläche zu sehen. Stellt sich die Frage: Ist damit das Trockenheitsproblem der jüngeren Vergangenheit passé? Sind die Grundwasserspeicher wieder aufgefüllt? Die Antwort darauf lautet: Ja, aber
- Der See: „Die Wanne ist voll“, sangen 1978 die beiden Komödianten Helga Feddersen und Dieter Hallervorden in einer Parodie auf den Song „You‘re the One That I Want“: Auf Eichens ominöses Gewässer, sozusagen die bedeutsame Se(e)henswürdigkeit, trifft dies im buchstäblichen Sinne zu. Wenn der sagenumwobene See auftaucht, heißt das tatsächlich: Die Wanne ist voll. Befindet sich doch unter dem See eine Wanne aus Karst und Muschelkalk. Geologen sprechen von einer Senke oder einem Trichter. Genauer, von einer Doline. Hier unten fließt Regen und Schmelzwasser zusammen aus einem Einzugsgebiet von drei bis fünf Kilometern. Da der karstige Untergrund des Dinkelbergs von Hohlräumen durchzogen ist, kann zwar sehr schnell sehr viel Wasser einfließen, der Karst gibt das Wasser aber nur langsam wieder ab. Wenn es also viel regnet, füllt sich die Doline – bis sie kein Wasser mehr aufnehmen kann. Dann sprudelt es plötzlich zwischen den Grashalmen hervor – so wie es jetzt seit dem Wochenende wieder der Fall ist.
- Der See-Experte: Hartmut Heise kümmert sich als ehrenamtlicher Naturschutzwart um den See – dazu gehört, in regelmäßigen Abständen den Wasserpegel zu messen. Der Seeaustritt jetzt hat ihn daher nicht überrascht – und dennoch sehr gefreut: Ist es doch mittlerweile schon zwei Jahre her, dass der See letztmals zu sehen war. Das wiederum wirft die Frage auf: Ist das Auftauchen des Sees ein Signal für das Ende der jüngsten Trockenheitsprobleme?
Heise jedenfalls geht davon aus: „Wenn der See so stark zunimmt, dass er austritt, dann ist auch ringsum der Grundwasserpegel allgemein ziemlich hoch.“ Unterirdisch stehe hydraulisch betrachtet im Wiesental und Wehratal alles im Zusammenhang. Die nach der langen Trockenheit leeren Speicher im Boden dürften „ziemlich aufgefüllt sein.“ Wenn der See austrete, dann seien allgemein die Böden mit Wasser gesättigt. In den Trockenphasen habe der Pegel im Trichter bei 18 bis 20 Metern gelegen, „jetzt sind es 40 Meter“. Heise geht denn davon aus, dass sich der See noch weiter ausdehnt, wenn es so weiterregnen sollte: „In drei, vier Tagen könnte er schon ordentlich groß sein.“
- Der Wassermeister: „Man merkt natürlich schon, dass der Niederschlag gut tut“, sagt Steffen Weiß, Fachkraft für Wasserversorgung im Dienste der Stadt. „Die Quellschüttungen nehmen wieder zu.“ Dass sich die Situation im Wassermanagement allerdings wieder normalisiert hat, glaubt er noch nicht ganz. „Es dauert relativ lange, bis die Speicher der Quellen wieder gefüllt sind“, so Weiß. „Die Schüttung ist jetzt zwar wieder normal, weil es im Moment viel regnet.“ Ob das aber ein anhaltendes Bild ist, werde man erst sehen, wenn der Regen einige Tage aufhört. Immerhin waren im Sommer die Schopfheimer Quellen – die Teilorte Gersbach, Schlechtbach und Schweigmatt werden durch Quellen versorgt – kurz davor, trocken zu fallen.
In den Nachbargemeinden Zell oder im Kleinen Wiesental hatte die Austrocknung der Quellen teilweise beinahe zu Versorgungsengpässen geführt. Die Stadt Schopfheim selbst bezieht einen Großteil des Wassers aus Tiefbrunnen, bei denen der Grundwasserstand deutlich träger auf Trockenheit und Regenfälle reagiert. „Es kann durchaus sein, dass es bei einem trockenen Sommer wieder problematisch wird“, erklärt der 33-Jährige. „Für mich wäre es am besten, wenn es einfach immer wieder zwischendurch mal regnet, damit der Boden nicht austrocknet.“ Denn wenn das der Fall sei, könne das Erdreich viel weniger Wasser aufnehmen und speichern.
- Der Förster: Stefan Niefenthaler, zuständig für das Forstrevier Schopfheim, ist mit Blick auf die Situation im Wald nur verhalten optimistisch. Zwar sei der Austritt des Eichener Sees tatsächlich ein Indiz dafür, „dass viel Wasser da ist, aber ob die Folgen der Trockenheit wirklich schon ausgeglichen sind, weiß ich nicht“. Die obere Bodenschicht sei jetzt mit Wasser gesättigt, „aber ob wirklich schon alle Wasservorräte aufgefüllt sind, das wage ich zu bezweifeln“. Auf jeden Fall aber „ist es gut, dass es jetzt so viel geregnet hat – das kann gerne so bleiben“.
Der Eichener See
Seine Existenz verdankt der See der Karstlandschaft des Dinkelbergs. In dessen Tiefen kann sich Grundwasser schnell anstauen, wenn es viel regnet und/oder der Schnee schmilzt. Dann tritt es hier in der Mulde (Doline) zutage.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde der See 1771, als fünf Menschen mit einem Boot kenterten und ertranken.
Ausmaße von bis zu 250 Metern Länge und 135 Metern Breite hat der See in regenreichen Zeiten schon erreicht. Um 1800 hatte er einen solchen Umfang, dass befürchtet wurde, er könnte Eichen überfluten. Durchschnittlich erreicht der See einen Pegel von 2,20 bis 2,50 Meter, der höchste Stand wurde 1802 mit 3,20 Meter gemessen. Das Volumen beträgt rund 32.000 Kubikmeter.
Schutz: Seit 1942 ist er als Landschaftsschutzgebiet und seit 1983 als flächenhaftes Naturdenkmal ausgewiesen, obendrein seit 2005 auch als europäisch geschütztes FFH-Gebiet. Im See lebt der Blattfußkrebs, auch Kiemenfußkrebs genannt, (Anostraca Tanymastix lacunae), ein winziges Tierchen aus der Urzeit. In Deutschland ist Eichen der einzige Ort, wo er vorkommt; in Europa sind lediglich sieben weitere Fundorte bekannt.