Gemeinderätin Liselotte Schleicher aus Bergalingen – sie ist auch zweite Bezirksvorsitzende der Landfrauen Hotzenwald – nutzte die Sitzung am Dienstag, um das Volksbegehren Artenschutz der Initiative „Pro Biene“ kritisch zu hinterfragen.
„Wir Landwirte sind auch froh, dass es Bienen gibt“, sagte sie, „aber wenn wir das Obst nicht mehr spritzen dürfen, gibt es wieder Fäulnis“. Schleicher weiter: „Man muss nicht immer die Schuld den Landwirten geben.“
Martina Lütte stimmte ihr bei: „Die Initiative ist nicht gut durchdacht, sie ist sehr populistisch“, sagte sie. Worauf Bürgermeister Zäpernick bemerkte: „Das Volksbegehren ist angestoßen, Rickenbach kann jetzt nicht sagen, wir machen nicht mit.“
Liselotte Schleicher legte dem Gemeinderat ein Schreiben des Landfrauenverbands Südbaden vor. Darin heißt es, dass das Anliegen der Initiative, das Artensterben aufzuhalten und die Bienen zu retten, auch den Landfrauen, Bäuerinnen, Imkerinnen und Winzerinnen am Herzen liegt, „denn wir sind auf ein funktionierendes Ökosystem angewiesen“. Aber: Die Forderungen der Initiative gefährde den Fortbestand der heimischen Landwirtschaft.
Laut dem Landfrauenverband Südbaden liegen 30 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen in Baden-Württemberg in ausgewiesenen Schutzgebieten „und wären vom Pflanzenschutzmittel- und Biozidverbot betroffen – sowohl im konventionellen wie auch im Ökoland- und Weinbau“.
Viele Bürger seien nicht oder kaum darüber informiert, wo die Probleme und Konsequenzen der Forderung für die betroffene Landwirtschaft und den Weinbau liegen.
Landwirtschaftsverbände zeigen sich alarmiert
„Die meisten schätzen regionale Produkte, ahnen aber nicht, dass die hier geforderte Gesetzesänderung das Aus für heimische Landwirte und Winzer bedeuten kann und in der Folge mehr Lebensmittel aus dem Ausland eingeführt werden müssten, über deren Produktionsbedingungen wir wenig wissen“, so der Landfrauenverband.
Was Liselotte Schleicher so kommentierte: „Wenn unsere Landwirtschaft nicht mehr so weitermachen kann, gibt es wieder Hungersnöte.“ Auch der Badisch-Landwirtschaftliche Hauptverband BLHV hat sich in die Diskussion eingeschaltet. Würde das Volksbegehren durchgesetzt, „müssten die meisten Landwirte ihre Betriebe aufgeben“, ist der Verband überzeugt.
Das würde bedeuten: „Es gäbe kaum noch regionale Produkte zu kaufen“, so der BLHV. Er weist darauf hin, dass „es bereits den verpflichtenden Grundsatz, so wenig wie möglich, nur so viel wie nötig, gibt“. Und: „Effektiver Pflanzenschutz muss situativ nach Schädlingsaufkommen, Krankheits- und Witterungsverlauf erfolgen.“
Pro Biene
Das Volksbegehren „Artenschutz“ ist eine Initiative der proBiene – Freies Institut für ökologische Bienenhaltung und wird getragen unter anderem von BUND, NABU und ÖDP. Die Forderungen: 50 Prozent Ökolandbau bis zum Jahr 2035, Halbierung des mit Pestiziden belasteten Flächenanteils bis 2025, Verbot von artengefährdenden Pestiziden in Naturschutzgebieten, Schutz der Streuobstbestände. Ab 24. September sammelt die Initiative Unterschriften für das Volksbegehren. Ab dann hat sie sechs Monate Zeit, eine Millionen Unterschriften von Wahlberechtigten aus Baden-Württemberg zu sammeln.