Ansgar Taschinski

Lörrach (ata) Mit ihrem Forschungsprojekt „Ionenwind – Antrieb der Zukunft?“ haben es die Phaenovum-Schüler Rickmer Krinitz, Daniel Mynko und Frieder Büchner nach Siegen beim Regional- und Landeswettbewerb bis ins Bundesfinale von „Jugend forscht“ am kommenden Sonntag geschafft. Eines Tages könnten damit eventuell sogar Raumschiffe angetrieben werden.

Eine metallene Kugel und eine Nadel an einem Stab haben die Schüler in kurzem Abstand voneinander aufgestellt, beides mit einem Starkstromgenerator elektronisch verbunden. Dazwischen hält Rickmer Krinitz eine brennende Kerze, schaltet den Generator ein und plötzlich flackert die Flamme im Wind, ohne dass etwas zu hören wäre oder sich bewegt. Dieser Ionenwind, wie das Phänomen genannt wird, sei bereits seit Newton bekannt, sagt Frieder Büchner. Allerdings könne es erst seit Kurzem auch praktisch untersucht werden. Die durch den Strom positiv geladene Nadel stoße die ebenfalls positiven Ionen ab, die wiederum die Gasmoleküle, in diesem Fall der Atemluft, in Bewegung versetzten und so einen Wind erzeugten, erklärte Daniel Mynko.

Auf die Idee, den Ionenwind genauer zu untersuchen, kamen die drei 16-Jährigen, nachdem sie von einem Projekt des Massachusetts-Institut für Technologie (MIT) gehört hatten. Dort hatten Forscher ein kleines Flugzeug allein durch den Ionenantrieb zum Fliegen gebracht. Die jungen Forscher machten sich daran, das Phänomen nachzuvollziehen, funktionsfähige Modelle zu konstruieren und mathematisch zu beschreiben. Und sie gingen noch einen Schritt weiter als die Forscher am MIT: Statt den Ionenantrieb nur in der Atemluft zu messen, untersuchten sie, wie sich die Kräfte in unterschiedlichen Gasen entwickeln. Dazu konstruierten sie eine gasdichte Glocke, in der sich eine empfindliche Messapparatur befindet. Dabei stellten sie fest, dass sich die Effizienz und Kraft des Ionenantriebs in anderen Gasgemischen deutlich steigern ließ. Je schwerer das Gas, desto ausgeprägter der Effekt. Am besten habe es mit Schwefelhexafluorid funktioniert. Der Ionenantrieb sei 15-mal effizienter als ein Düsentriebwerk. Allerdings blieben die Kräfte gering. Gerade einmal fünf Millinewton, was etwa einem halben Gramm entspreche, betrage die höchste Kraft.

Grundsätzlich ermögliche Ionenantrieb quasi die perfekte Elektromobilität, so Hermann Klein, der das Projekt mit Pirmin Gohn betreute. Es gehe dabei aber in erster Linie um Grundlagenforschung, nicht um die praktische Anwendung des Effekts. Die Schüler hätten erstmals den Einfluss des Parameters der Umgebungsgase untersucht. Er sei beeindruckt, wie selbstständig sie das Projekt angegangen und mit dem komplizierten Versuchsaufbau umgegangen seien. Das habe extremes Fingerspitzengefühl, Akribie und ein gutes technisches Verständnis verlangt. Seit Anfang des Schuljahres forschten die Elftklässler daran. Kurz vor den Wettbewerben sei das sehr anstrengend geworden. In den Weihnachtsferien sei man jeden Tag eigentlich nur noch nach Hause gegangen, um zu schlafen, so Daniel Mynko. „Der Stress ist schon enorm“, so auch Klein.

Dass sich der Aufwand lohnte, zeigt der Einzug in den Bundeswettbewerb. Nur 16 Projekte, eines aus jedem Bundesland, treten dort im Fachbereich Physik gegeneinander an. 13 Gruppen des Phaenovum schafften es laut Klein in verschiedenen Fachrichtungen in den vergangenen zehn Jahren ins Bundesfinale. Am Sonntag muss das Projekt in nur fünf Minuten den Juroren vorgestellt werden. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier wird anwesend sein.

Auch wenn der Ionenantrieb auf der Erde in nächster Zeit wohl kaum Flugzeuge antreiben kann, könne er eventuell in Zukunft in der Raumfahrt eingesetzt werden, so Frieder Büchner. Sie entwickelten ein kleines Raumschiffmodell, das allein durch den Ionenwind angetrieben wird. Eines Tages könne so etwas dann vielleicht auf der Venus eingesetzt werden.