Mit der Eröffnung der Kunstausstellung „Spitzentanz“ von Daniel Waldner hat das Rehmann-Museum ein neues Kapitel aufgeschlagen: Es präsentiert eine Kunstform, die nicht auf Anhieb zu erkennen gibt, welche Teile vom Künstler selbst stammen, oder welche er gefunden und neu zusammengesetzt hat.

Ein Besucher betrachtet in der neuen Ausstellung im Rehmann-Museum Objekte von Daniel Waldner.
Ein Besucher betrachtet in der neuen Ausstellung im Rehmann-Museum Objekte von Daniel Waldner. | Bild: Peter Schütz

Daniel Waldner kann denn auch nicht einfach als Bildhauer bezeichnet werden, weil er wenig Wert auf die konventionelle Auslegung dieser Technik legt. Er hat einen eigenen originellen Kosmos geschaffen, in dem er mit ursprünglich kunstfremden Elementen Objekte herstellt, die neue Geschichten schreiben. Diese sind nun erstmals in großem Umfang im Rehmann-Museum zu sehen – eine Ausstellung, die es in sich hat, wie Kurator Tyrone Richards in seiner Laudatio an der vom „Nähmaschinen Quartett“ aus München musikalisch umrahmten Vernissage festgestellt hat. Richards: „Wir leben in einer absurden Zeit, weshalb soll die Kunst nicht diese Absurdität widerspiegeln?“

Blick auf die Arbeit „Familienkutsche“ von Daniel Waldner.
Blick auf die Arbeit „Familienkutsche“ von Daniel Waldner. | Bild: Peter Schütz

Richards bezieht sich auf so bizarre Arbeiten wie „Endspiel“ im ehemaligen Gussraum von Erwin Rehmann, ein überdimensionaler Töggelikasten, in dem nur der Ball fehlt. Womit schon zwei wichtige Aspekte im Werk Waldners abgesteckt sind: das Spiel und der Humor. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die mit 40 verschieden großen Arbeiten bestückte Schau.

Daniel Waldner: „Spitzentanz“

„Aber es gibt immer auch eine ernsthafte Komponente“, so Richards. Nachzusehen in der Arbeit „Das Büro“, die aus einem stereotypischen, transparenten Innenraum in Miniaturform mit Aktenordnern, Schubladen, Drucker, Bildschirm und einem leeren Stuhl besteht. Waldner hat eine räumliche Arbeitssituation als klinische Zelle dargestellt, ohne Mensch, ohne Leben, kühl, eng und beklemmend. Das Objekt ist 2003 entstanden, als Home-Office noch nicht zum Alltag gehörte.

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Eine besondere Stellung in der Ausstellung nimmt die Bühne ein. „Applaus“ enthält von Vorhängen flankierte klatschende Puppenhände, „Cyclope Modell Nr. 1“ ist für das gleichnamige Freilichtspektakel entstanden. „Zimmer im See“, ebenfalls als Modell vorhanden, diente im Original dem Laufenburger Schriftsteller Christian Haller auf dem Rhein als Bühne für eine Lesung. Als Bühnenkunst funktionieren außerdem die Werke „Schwanensee“, „Weißes Ballett“ oder „Tanzwagen“ mit hängenden spitzen Ballettschuhen – für Tyrone Richards die „zentrale Schnittstelle zwischen Schmerz und Schönheit, kristallisiert in einer Geste, die auf ewig im entscheidenden Augenblick verharrt“.

Neue Buchreihe: „Beiträge zur zeitgenössischen Bildhauerei“

Die Ausstellung „Spitzentanz“ dauert bis 19. Februar 2023. Was danach bleiben wird, ist das fast 70-seitige Büchlein, das Waldners Weg und Werk dokumentiert. Es handelt sich um den ersten Teil der „Beiträge des Rehmann-Museums zur zeitgenössischen Bildhauerei“. Der Text, so Museums-Geschäftsführerin Patrizia Solombrino, basiere auf Gesprächen zwischen Daniel Waldner und Tyrone Richards.