In der Novelle geht es um die Lebenslinien zweier Männer, die sich 1925 in einem Park in Kopenhagen kreuzen. Dabei beobachtet der eine Mann, wie der andere im Lichtkegel einer Laterne auftaucht, dann wieder verschwindet und im Lichtkegel einer nächsten Laterne abermals auftaucht. Diese Szene, die sich tatsächlich so abgespielt haben soll, beschreibt den beobachtenden Mann als den jungen Physiker Werner Heisenberg, im Buch als „der junge Wissenschaftler“ benannt. Ausgehend von dieser Beobachtung und einem kurz darauf folgenden Aufenthalt auf Helgoland, sagt man ihm die Entwicklung der Unschärfentheorie und somit wichtigen Grundlagen der Quantenphysik nach. Neben diesem Erzählstrang, beleuchtet Haller in einem zweiten Strang der Geschichte auch das Leben des Mannes, der beobachtet wird: Ein pensionierter Professor, der mit dem Tod seiner Frau hadert und nicht weiß, dass er der Auslöser für diese wissenschaftlichen Erkenntnisse ist.
Haller, der just seinen 80. Geburtstag feierte, las mehrere Stellen aus seinem Werk. „Jeder Satz ein Meisterwerk“ sagte die Inhaberin der Buchhandlung Renata Vogt zuvor bei der Vorstellung ihres Gastes. Die Zuhörer genossen sichtlich die ruhige, eindringliche Stimme des Autors, der sich den Fragen des Publikums stellte. So erklärte er als Antwort auf eine Frage, wie er auf die Idee für das Buch gekommen sei, von seinem grundsätzlichen Interesse an Quantenphysik und neuen Erkenntnissen der Wissenschaft. Die Anekdote um den jungen Heisenberg und dessen Beobachtung bei den Laternen faszinierte den Schriftsteller insofern, als dass sich aus etwas Alltäglichem plötzlich Neues entfaltet und neue Blickwinkel zulässt. Ob Haller als Künstler und Schriftsteller auch Parallelen zu sich selber sieht, bejaht er und erklärt, dass er ausschließlich aus dem autobiografischen, aus dem Selbsterlebten heraus schreibe. Nach gut 70 Minuten Lesung, Frage- und Diskussionsrunde mit Christian Haller, signierte der Autor noch frischerworbene Ausgaben seiner Novelle und seines Essays „Blitzgewitter“, das bereits 2022 erschien.
