„Was wäre die Welt ohne Utopien?“, fragte Pippo Pollina nach einer knappen Stunde seines Konzertabends am Samstag in der Laufenburger Stadthalle. Die Antwort gab er gleich selber: Ohne Utopien würde es zum Beispiel kein Frauenstimmrecht geben. Utopien könnten zu weniger Waffen und Kriegen führen. Die Wirklichkeit sieht zwar anders aus, aber: „Wir singen weiter über Utopien, die vielleicht einmal Wirklichkeit werden“, stellte der aus Palermo stammende Musiker klar. Denn: „Wer tut es, wenn nicht wir?“
Einige Lieder sind schon vor Corona entstanden
Dieser Wille zum Besseren zog sich wie ein roter Faden durch das Konzert. Respekt und Authentizität, Zuneigung und Aufmerksamkeit, Hoffnung und Zuversicht waren die Parameter seiner Lieder, nachzuhören auch auf dem neuen Tonträger „Canzoni segrete“ (Geheime Lieder), von dem er einige Kostproben gab. Die Lieder vom neuen Album habe er vor vier Jahren geschrieben, berichtete er, doch wegen der Corona-Pandemie könne er sie erst jetzt live spielen. In der Zwischenzeit haben sie kein bisschen Staub angesetzt, im Gegenteil: Sie sind gut gereift, woran auch das Palermo Acoustic Quintet seinen Anteil hat. Denn die fünfköpfige Band mit Schlagzeuger Luca Trentacoste, Gitarrist Edoardo Musumeci, Bassist Mario Rivera, Gianvito di Maio an Keyborard und Akkordeon sowie Roberto Petroli an Saxofon und Klarinette machte aus den Liedern vitale Ereignisse.
Satter Applaus vom Publikum
Es brodelte und kochte in der Combo, summte und flüsterte, bis Petroli oder Musumeci in unerwarteten Momenten in waghalsige Soli ausbrachen. Der Bandleader hielt sich derweil zurück, überließ seinen Begleitern kurzerhand die Führung, wodurch ein demokratisches Miteinander entstand. Das kam gut an im Publikum, hörbar am satten Applaus nach jedem Stück.
Stimme mit großer Bandbreite
Der Konzertabend bestand aber nicht nur aus Musik. Pippo Pollina streute Anekdoten hinein, erzählte von seiner ersten Begegnung mit Schnee in Innsbruck oder von seinem verstorbenen Vater, mit dem er gern noch ein paar Argumente ausgetauscht hätte. Die Lieder sang er in seiner Muttersprache, den Kontakt zum Publikum pflegte er in Deutsch. Das er gut sprach, so dass ihm, wer bei „Italienisch für Anfänger“ hängen geblieben ist, jederzeit folgen konnte. Abgesehen davon funktionierten die Lieder auf der musikalischen Ebene ausgezeichnet. Die Melodien waren und sind zum Hineinfallen schön, die Harmonien beglückend. Über allem schwebte die wandlungsfähige Stimme von Pippo Pollina. Er konnte alles: zärtlich, verträumt, aufgeregt, laut, röhrend. Er konnte rocken und rollen, zwischendurch aber auch ganz in sich gekehrt mit einer Ballade auf einen Spaziergang einladen. Den Rückhalt gab ihm seine Band, die durchgehend mit Herz und Verstand bei der Sache war. Pippo Pollina trat im Rahmen der Laufenburger Kulturtage „Fließende Grenzen“ auf. Für die langjährige Vorsitzende des Kulturausschusses Renata Vogt war es der letzte Akt: Am Samstag wurde sie für ihr kulturelles Engagement von Stadtammann Herbert Weiss und Bürgermeister Ulrich Krieger mit Blumen und Dankesworten bedacht.