Andrea Worthmann

Eine Laufenburger Institution wird heute 70. Die Rede ist nicht vom grenzüberschreitenden Kulturausschuss oder von der Kulturkommission „Die Brücke“. Nicht von den Kulturtagen „Fließende Grenzen“ oder der Buchhandlung am Andelsbach. Die Rede ist von der Frau, die hinter all diesen Einrichtungen steckt und so das Kulturleben in der Waldstadt seit langem maßgeblich mitprägt: Renata Vogt.

Vom Kindergarten zur Kultur

Was nur wenige wissen: Die Grande Dame der Laufenburger Kultur ist gelernte Erzieherin – was einiges erklärt über ihren gekonnten Umgang mit sensiblen Künstlerseelen. Bevor sie in Laufenburg Bücher verkaufte und Konzerte organisierte, kümmerte sie sich in Bad Säckingen um Kindergartenkinder. „Ich mochte das sehr und noch heute besuchen mich gelegentlich ehemalige Kindergartenkinder in der Buchhandlung; was mich wirklich rührt“, erzählt Vogt.

Ehre für ein Silvester-Kind: Sogar „Der Spiegel“ berichtete 1950 über den vom Papst geschenkten Kinderwagen für die Eltern ...
Ehre für ein Silvester-Kind: Sogar „Der Spiegel“ berichtete 1950 über den vom Papst geschenkten Kinderwagen für die Eltern von Renata Vogt. | Bild: Renata Vogt

Zu ihren Zöglingen im Kindergarten St. Martin Obersäckingen gehörten auch die Kinder des damaligen Leiters der Musikschule Bad Säckingen. Der erkannte die musische Begabung der jungen Kindergärtnerin und wollte sie unbedingt in der musikalischen Früherziehung einsetzen. Renata Vogt absolvierte eine Zusatzausbildung und arbeitete zwölf Jahre auf ihrer ersten Stelle als Kulturvermittlerin.

Leidenschaft für Literatur

Als sie eigene Kinder bekam, gab Vogt die Arbeit im Kindergarten auf und arbeitete Teilzeit in der Musikschule. Mit ihrem zweiten Ehemann und den Kindern zog sie nach Rotzel. Der Ortswechsel zog einen Berufswechsel nach sich. Mit einem Umschulungsprogramm und der Leidenschaft für Literatur absolvierte Renata Vogt ein Probejahr in der Buchhandlung zum Gallusturm in Säckingen und machte – mit mittlerweile drei Kindern – im Fernstudium eine Ausbildung zur Buchhändlerin. Wenn man mit Herzblut etwas tut, dann sind Ziele leichter zu erreichen.“

Buchhandlung am Andelsbach

Nach einigen Jahren in der Buchhandlung Effingerhof in Brugg erfüllte sich Renata Vogt ihren beruflichen Traum und eröffnete 1995 in Laufenburg die Buchhandlung am Andelsbach. Sie befand sich zunächst in etwas kleinen Räumen auf der gegenüberliegenden Straßenseite in der heutigen Chemischen Reinigung. „Am Anfang musste ich schon etwas Lehrgeld bezahlen“, erinnert sich Renata Vogt. „Ich hatte noch nicht so viel Erfahrung und Routine, aber ich konnte auf Hilfe von meiner ehemaligen Chefin aus Brugg zählen und auch meine Familie war mir eine wichtige ideelle Unterstützung“.

Als andere Buchhandlungen schlossen, wagte Renata Vogt 2010 den Schritt in die entgegengesetzte Richtung. Sie zog mit ihrem Geschäft an den jetzigen Standort, vergrößerte das Sortiment und gliederte ein Café an. Seitdem ist ihre Buchhandlung, die seitdem „Buch und Café am Andelsbach“ heißt, ein beliebter Treffpunkt und kultureller Veranstaltungsort für Laufenburger und Kulturliebhaber auch aus dem Umland.

Hotzenwälder Kleinkunstbühne

Ihre ersten Schritte in der freien Kulturarbeit unternahm Renata Vogt einige Jahre vorher bei der Hotzenwälder Kleinkunstbühne (HKKB) im Café „Verkehrt“, das damals noch von dem inzwischen verstorbenen Klaus Reymann betrieben wurde. Ihn bezeichnet Renata Vogt als ihren „Lehrmeister“: „Er hatte ein sehr gutes Gespür für das Besondere in Sachen Kabarett und Musik.“ Renata Vogt arbeitete in der HKKB mit, war dort Vorstandsmitglied und später Vorsitzende, besuchte Kleinkunstbörsen in Deutschland und der Schweiz. Am besten gefällt ihr noch heute die Börse im schweizerischen Thun, weil dort viel italienische, französische und deutsche Künstler vertreten sind.

Kulturausschuss und Fließende Grenzen

1999 entstand aus einem von der EU finanziell geförderten Projekt beider Laufenburg ein grenzüberschreitender Kulturausschuss. Auch Renata Vogt wurde damals vom Gemeinderat als eines der Mitglieder berufen. Der Ausschuss organisiert in beiden Laufenburg bis heute im Sommer das Kulturprogramm „Fließende Grenzen“ mit Konzerten, Kabarett, Kunstausstellungen, Jazz und Tango. Renata Vogt ist heute das einzige verbliebene Gründungsmitglied des Kulturausschusses. Seit 2008 ist auch die einst vom Bildhauer Erwin Rehmann ins Leben gerufene Kulturkommission „Die Brücke“ Teil des Kulturausschusses.

„Das Leben ist schön, zum Verrücktwerden schön“, zitiert Renata Vogt den tschechischen Schriftsteller Bohumil Hrabal und fügt hinzu: „Ich hatte das Glück, beruflich das tun zu können, was mich sehr erfüllt.“ Deshalb behält sich die 70-Jährige die Freiheit vor, Buchhandlung und kulturelles Engagement noch eine Weile diesen Platz in ihrem Leben einzuräumen.