Manfred Dinort

Die Deutschen sind Europameister in Sachen Pflege. Noch vor den Italienern. Aber die Opferbereitschaft hat auch ihren Preis. Oft kommen die pflegenden Angehörigen an den Rand ihrer Kräfte und fühlen sich überfordert. Damit es nicht so weit kommt, hat das Familienzentrum (Faz) Hochrhein das Angebot "Pflege-Unterstützer" entwickelt.

"Wir haben schon seit fast fünf Jahren Erfahrung in diesem Bereich und wir wissen um den Bedarf in den Familien", so die Faz-Leiterin Ulla Hahn, "mit unserem Angebot bieten wir eine wichtige Ergänzung zu den Leistungen der Sozialstation." Der Bedarf sei riesig und ständig im Wachsen begriffen. Daher steht dem Faz ein ganzes Team zur Verfügung, das sich mit dem Thema Pflege-Unterstützung beschäftigt, das organisiert, verwaltet und ausbildet. Dazu werden fünftägige Kurse angeboten, die zweimal jährlich unter der Leitung von Elisabeth Kaiser (Theorie) und Christine Chrystof (Praxis) durchgeführt werden. Die Haushaltsführung liegt in den Händen von Regina Jaumann. Die Ausbildung werde überwiegend kostenlos angeboten, so Ulla Hahn, sofern Sponsoren zur Verfügung stünden. Inzwischen wurden über fünfzig Personen ausgebildet, die dafür ein Zertifikat erhalten haben. Ulla Hahn: "Wer bei uns eine Ausbildung mitmacht, wird anschließend auch von uns nach Wunsch vermittelt und für die Ausübung dieser verantwortungsvollen Tätigkeit bezahlt." Dass diese Form der Betreuung inzwischen auch gesetzlich anerkannt und geregelt wurde, habe für einen zusätzlichen Schub gesorgt, "denn jetzt können die Angehörigen unsere Leistungen auch über die Pflegeversicherung abrechnen, wobei das Faz diese Aufgabe übernimmt".

Wichtig sei für alle Beteiligten, dass eine anerkannte Organisation dahinterstünde. In der Praxis sieht das so aus: Wenn eine Familie, oder auch eine alleinstehende Person, Bedarf hat, nimmt sie Kontakt mit dem Faz auf, telefonisch, persönlich oder per E-Mail. Bei einem Besuch wird anhand eines Formulars der Bedarf konkretisiert. Zugleich wird aber auch klargestellt, dass der Pflege-Unterstützer keine krankenpflegerischen und medizinischen Aufgaben übernehmen darf. Ziel ist, Unterstützung im Alltag zu leisten und die Angehörigen zu entlasten. Ulla Hahn ermuntert, in das Projekt einzusteigen: "Die Pflege-Unterstützer-Ausbildung ist interessant für Menschen aller Altersgruppen, auch für Teilzeitbeschäftigte und auch für Migranten, sofern sie ausreichend deutsch sprechen."

"Den Alltag erleichtern"

Elke Schlewing (55), ehemalige Verkäuferin und Mutter von drei Kindern, arbeitet seit einem Jahr als Pflege-Unterstützerin.

Frau Schlewing, Sie haben bereits Erfahrungen in diesem Bereich?

Ja, seit einem Jahr betreue ich eine ältere, alleinstehende Dame, drei Stunden wöchentlich, an einem fest vereinbarten Tag.

Und an Wochenenden?

Es gibt auch Angebote für Wochenenden, aber bei mir war das noch nicht der Fall.

Was hat Sie bewogen, hier mitzumachen?

Mein Wunsch, alte und hilfsbedürftige Menschen zu unterstützen und ihnen den Alltag zu erleichtern.

Anderen Menschen zu helfen, kann auch als beglückend empfunden werden.

Ja. Aber ich denke auch daran, dass ich selbst einmal in die gleiche Situation kommen könnte und dass es mir dann selbst auch leichter fallen würde, fremde Hilfe anzunehmen.

Welchen Inhalt haben Ihre Besuche?

Ich biete Unterstützung im Haushalt, aber oft machen wir das zu zweit, weil es dann mehr Spaß macht. Wir machen auch Spaziergänge und ich begleite meine Klientin bei Arztbesuchen.

Kommt es auch vor, dass ein Unterstützer abgelehnt wird?

Das kann passieren, aber um das zu vermeiden, wird schon im Vorfeld durch einen Besuch abgeklärt, ob die Chemie auf beiden Seiten stimmt.

Fragen: Manfred Dinort