Auf den Recyclinghöfen von Murg und Ühlingen werden sie bereits von vielen, die dort Kartonage zu entsorgen haben, schmerzlich vermisst. Die Rede ist von den Selbstpresscontainern, mit denen angelieferte Altkartons mit hydraulischem Druck platzsparend komprimiert werden können. Der Landkreis will die Maschinen aus Sicherheits- und Kostengründen auf seinen Recyclinghöfen abbauen.

Nicht nur Martina Raz aus Öflingen findet die Presse praktisch

„Wieso soll der weg? Der ist doch absolut praktisch“, sagt Martina Raz, als sie am Dienstagnachmittag auf dem Recyclinghof Bad Säckingen von den Plänen erfährt. Die Öflingerin bringt etwa einmal wöchentlich auf dem Weg von der Arbeit ihre Wertstoffe hierher.

Auch Nail Atapattuge nutzt fast jede Woche die Dienste des Presscontainers bei der Abgabe von Kartonagen. „Das macht richtig Spaß. Denn das Zeug ist wirklich schnell weg“, sagt er.

Die Kartonpresse Video: Jonathan Niedermeyer

Mit dem Spaß dürfte es bald vorbei sein. Denn der Landkreis will die Kartonagenpressen von seinen Recyclinghöfen verbannen. In Murg und Ühlingen ist das bereits erfolgt. An den drei anderen Standorten in Bad Säckingen, Laufenburg und Waldshut bleiben die drei Pressen aufgrund der beengten Platzverhältnisse vorerst noch in Betrieb.

Die Maschinen kommen aus Sicherheits- und Kostengründen weg

„Die Pressen werden hautsächlich aus Sicherheitsgründen und zur Senkung der Betriebskosten abgebaut“, erläutert Tobias Herrmann, Sprecher des Landratsamts Waldshut. Die Maschine dürfe nur betrieben werden, wenn eine sicherheitstechnisch unterwiesene Aufsichtsperson des Recyclinghofes während des Pressvorgangs die sie bedient und sichere.

Nicht immer ist eine unterwiesene Person als Aufsicht verfügbar

„Aufgrund von Personalknappheit ist dies nicht immer möglich. Ebenso stellen Stromanschlüsse und -kabel ein Sicherheitsrisiko dar“, so Herrmann. Außerhalb der Öffnungszeiten müssten die Presscontainer zudem nach jedem Öffnungstag außer Betrieb genommen werden, um zu verhindern, dass beispielweise spielende Kinder oder andere Personen, die sich unbefugt auf dem Gelände aufhalten, sie in Betrieb nehmen könnten.

Nur geschultes Personal darf die Presse in Gang setzen. Aufkleber weisen darauf hin, was zu tun ist, wenn jemand in die Presse geraten ist.
Nur geschultes Personal darf die Presse in Gang setzen. Aufkleber weisen darauf hin, was zu tun ist, wenn jemand in die Presse geraten ist. | Bild: Vonberg, Markus

Tatsächlich ist ein Presscontainer kein Kinderspielzeug. Der Kolben, der die Kartonage vom Befülltrichter in den angebauten, in der Regel 20 Kubikmeter großen Behälter schiebt und dort zusammendrückt, arbeitet nach Angaben des Herstellers mit einem Druck von 280 Kilonewton pro Quadratmeter. „Lebensgefahr!“, warnt ein Aufkleber am Hauptschalter davor, in die Presskammer zu greifen oder gar in diese einzusteigen.

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Allerdings kamen nach Angaben des Landratsamts bisher keine Personen durch Presscontainer zu Schaden, seitdem diese auf Recyclinghöfen im Landkreis eingesetzt werden.

Die Pressen gehören nicht dem Landkreis, sondern dem Entsorger Remondis

Die Pressen gehören wie die anderen großen Sammelbehälter auf den Recyclinghöfen dem Entsorgungsunternehmen Remondis. Es stellt sie dem Landkreis als Dienstleister gegen eine monatliche Leihgebühr zur Verfügung. Das Unternehmen werde die Presscontainer entsprechend den Wünschen des Auftraggebers abbauen, erklärt Remondis-Sprecher Michael J. Schneider. Sie würden zurück in den Bestand von Remondis genommen.

Blick in den Befülltrichter des Presscontainers. Mit einem Druck von 280 Kilonewton pro Quadratmeter wird das Material in den ...
Blick in den Befülltrichter des Presscontainers. Mit einem Druck von 280 Kilonewton pro Quadratmeter wird das Material in den Füllbehälter gedrückt und dort komprimiert. | Bild: Vonberg, Markus

Wie bereits auf den meisten anderen der insgesamt 23 Recyclinghöfe des Landkreises werden die Kartonagen künftig in Abrollcontainer gesammelt. Wie beispielsweise auch die Behälter für Gelbe Säcke oder Papier werden diese von oben befüllt. Die Anlieferer müssen dazu mit den Wertstoffen zuerst eine Treppe besteigen.

Betreiber schätzt, dass statt einer künftig vier Abfuhren nötig sind

Auch für die Mitarbeiter der Recyclinghöfe bedeutet der Verzicht auf die Presscontainer eine große Umstellung. Denn in den Abrollcontainern kann die Kartonagen viel weniger komprimiert werden, sie benötigt also mehr Platz. Das wiederum bedeutet mehr Abfuhren, obwohl die Abrollcontainer mit 40 Kubikmetern ein doppelt so großes Volumen besitzen wie die Presscontainer. „Mit Presse kommen wir in der Regel mit einer Abfuhr die Woche aus, ohne Presse sind sicherlich vier nötig“, schätzt Peter Zimmermann, Betreiber und Betriebsinhaber des Recyclinghofs Bad Säckingen.

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Vor allem an gut besuchten Samstagen, wenn das Wetter trocken und sonnig sei, werde enorm viel Material angeliefert, sagt Zimmermann. „Jeder möchte noch schnell vor 13 oder 14 Uhr hier sein Zeug loswerden.“ Dabei gehe es manchmal recht hektisch zu. Zimmermann sieht die Gefahr, dass es ohne Presse noch etwas hektischer werden könnte.

Mitarbeiter des Recyclinghofs halten Besucher dazu an, die Kartons zusammenzufalten

Tatsächlich musste auf dem Murger Recyclinghof das Personal nach dem Abzug der Presse Besucher immer wieder darauf hinweisen, Altkartons vor dem Befüllen der Rollcontainer doch platzsparend zusammenzufalten. Nicht jeder Nutzer des Recyclinghofs kam den Bitten des Personals sofort und ohne Murren nach. Immer wieder kletterten Personen in den Behälter, um dort zuvor eingeworfene Kartons zusammenzustampfen.

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