Der Landkreis Waldshut ist seit 28. November 2022 Fartrade-Landkreis. Das Siegel Fairtrade-Landkreis bescheinigt dem Landkreis, dass er mit Partnern nachweislich in einem bestimmten Umfang faire Produkte anbietet und ausschenkt und gezielt im Sinne des fairen Handels Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit betreibt.

Wie das im Alltag aussieht und was die Bürger von dem Siegel haben, erklärt Kerstin Bolz vom Landratsamt im Interview.

Frau Bolz, wie kam es dazu, dass sich der Landkreis gerade für Fairtrade engagiert?

Der Anstoß dazu kam von Markus Uhlenbrock-Ehnes und Willi Moosmann. Beide sind in ihren Kommunen schon bei Fairtrade-Projekten engagiert. Sie gingen auf Landrat Martin Kistler zu und schlugen ihm vor, dass sich der Landkreis um die Fairtrade-Auszeichnung bewerben könnte.

Warum ist dieses Thema im Landkreis so wichtig?

Es geht dabei um weltweite soziale Gerechtigkeit. Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass Handel und Arbeitsbedingungen weltweit fairer werden sollten. Es geht um die Wertschätzung der Produzenten im globalen Süden und der „Dritten Welt“. Teilweise werden dort Produkte und Waren unter menschenunwürdigen Bedingungen hergestellt.

Kerstin Bolz leitet die Fairtrade-Geschäftsstelle des Landratsamtes Waldshut. Ihre Aufgabe ist zudem, Sitzungen der Steuerungsgruppe ...
Kerstin Bolz leitet die Fairtrade-Geschäftsstelle des Landratsamtes Waldshut. Ihre Aufgabe ist zudem, Sitzungen der Steuerungsgruppe vor- und nachzubereiten sowie neue Ideen einzubringen. | Bild: Gerald Edinger

Sie bekommen Löhne, die zum Leben nicht reichen, Kinderarbeit ist ebenfalls ein großes Thema. Wir in den westlichen Ländern sind privilegiert, können uns fast alles kaufen, weil Menschen in Drittweltländern Güter günstig produzieren, aber oft selbst sehr arm sind. Der Landkreis kann mit seinem Engagement für Fairtrade-Produkte zumindest das Bewusstsein für diese Problematik schaffen.

Welche Aufgabe haben Sie bei diesem Projekt?

Fairtrade war für mich persönlich schon immer ein wichtiges Thema. Als ich dann von der Idee erfahren hatte, dass der Landkreis Fairtrade-Landkreis werden möchte, war ich sofort begeistert und interessiert, daran federführend mitzuwirken. Auf diese Weise bin ich zu meiner Aufgabe gekommen und habe ein Konzept erarbeitet. Vorgabe war, fünf Kriterien zu erfüllen, beispielsweise eine Steuerungsgruppe zu gründen.

Dabei war wichtig, alle geforderten Bereiche abzudecken. Wir benötigen zum Beispiel die Unterstützung von 14 Gastronomie- und 28 Einzelhandelsbetrieben. Ebenso sollten wir einen Verein, eine Glaubensgemeinschaft und eine Schule für unser Projekt gewinnen. Auf der Fairtrade-Geschäftsstelle des Landratsamtes, die ich leite, laufen alle Fäden zusammen. Meine Aufgabe ist zudem, Sitzungen vor- und nachzubereiten sowie neue Ideen einzubringen, die wir dann gemeinsam diskutieren.

Was hat es mit dieser Steuerungsgruppe auf sich?

Sie koordiniert den Prozess gemeinsam mit uns. Die Mitglieder bringen Ideen und Themen mit ein. Die Aufgaben in der Gruppe sind verteilt, von ihr habe ich ganz viel Unterstützung für meine Aufgaben bekommen.

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Welche Vorteile haben der Landkreis und die beteiligten Kommunen durch die Fairtrade-Auszeichnung?

Es geht vor allem darum, die Menschen im Landkreis für das Thema Fairtrade zu sensibilisieren. Wir möchten dazu beitragen, den lokalen Handel bei uns zu stärken und so einen Beitrag hin zu mehr globaler sozialer Gerechtigkeit leisten. Wir wünschen uns, dass wir mit unserem Engagement möglichst viele Menschen in unserer Region dazu animieren, sich für den fairen Handel einzusetzen, weil der Landkreis mit gutem Beispiel vorangeht.

Was haben die Menschen im Kreis Waldshut davon?

Wir möchten die Menschen dazu motivieren, dass sie darauf achten, woher ein Produkt kommt. Sie sollen sich Gedanken machen, wie fair diese gehandelt werden.

Produkte mit dem Fairtrade-Siegel sind nicht gerade günstig. Ist fairer Handel also nur etwas für Gutverdiener?

Das würde ich so nicht sagen. Sicher, Geringverdiener, die auf jeden Cent schauen müssen, können sich das vielleicht nicht leisten. Aber vielleicht können Menschen, die nicht so viel Geld zur Verfügung haben, wenigstens ab und zu darauf schauen. Einen kleinen Beitrag zum fairen Handel kann jeder leisten.

Beim Einkaufen im Laden kann man gut vergleichen, zum Teil sind diese Produkte gar nicht so viel teurer. Aber es geht ja nicht nur um Fairtrade-Produkte, sondern auch um regionale Erzeugnisse. Auch regionale Produkte leisten einen Beitrag zum fairen Handel. Wenn man in einem Hofladen einkauft, muss das nicht unbedingt teuer sein und Direktvermarktung auf einem Bauernhof ist fair, hier bekommt man den regionalen Apfelsaft oder die Milch.

Der Landkreis Waldshut wurde für sein Engagement für nachhaltigen und fairen Handel ausgezeichnet. Wie geht es nun weiter?

Wichtig ist, dass dieses Thema mit Unterstützung unserer Partner unter die Leute kommt. Es gab schon einen Vortrag zu fair gehandelten Fußbällen, da gibt es immer noch welche, die durch Kinderarbeit produziert werden. Zusammen mit unseren Partnergemeinden wollen wir interessante Themen aufgreifen und die Menschen bei Veranstaltungen informieren, damit der faire Handel präsent bleibt.

Ein weiter Schritt wäre, innerhalb des Landratsamts mehr Fairtrade-Produkte als Tee und Kaffee anzubieten. Interessant ist sicher, ob wir im Landratsamt fair gehandelte Schutzkleidung einsetzen können, die den Sicherheitskriterien entspricht. Unser großes Ziel ist, alle Gemeinden zu motivieren, sich auszeichnen zu lassen, da sind wir auf einem guten Weg. Auch interessierte Betriebe, Händler oder Schulen können sich gerne bei uns melden, vielleicht ist das auch eine Motivation für eine Gemeinde mitzumachen.

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