Derzeit ist viel in Bewegung: Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie werden Unternehmen immer digitaler, klimaschonende Mobilität rückt in den Fokus und neue Lebens- und Arbeitsformen entstehen. „Wir befinden uns in einer extremen Transformationsphase“, sagt Tobias Ilg. Was in Ballungsräumen bereits deutlich sichtbar ist, kommt auch auf den ländlichen Raum zu. „Es geht um die zentrale Frage: ‚Wie kann Zukunft gelingen?‘“, ergänzt Monika Studinger. Gemeinsam mit Tobias Ilg gründete sie die Agentur „New Work uffm Land“. Gemeinsam wollen die beiden unter dem Leitgedanken „beraten – begleiten – befähigen“ den ländlichen Raum voranbringen und, wie Ilg es ausdrückt, „inspirieren für den Schritt in die Zukunft“.
Wieso sie sich auf den ländlichen Raum konzentrieren? Ilg selbst kommt aus Herrischried, studierte in Freiburg und gründete 2014 in Berlin ein erfolgreiches E-Learning-Unternehmen, aus dem er 2019 ausstieg und seither als selbstständiger Organisationsberater arbeitet. Im Januar 2020 reifte dann der Gedanke, New Work – also neue Arbeitsformen und -weisen – „landtauglich“ zu machen. Frontfrau des Projekts ist Monika Studinger. Ideen entwickeln, Wissen teilen, Inspiration geben – all das ist für sie nichts Neues. Sie ist seit 21 Jahren selbstständig tätige Beraterin und Projektmanagerin, hat schon viele innovative Projekte in der Region initiiert und umgesetzt. Aktuell leitet sie das Projekt Innovationsmanagement für die Wirtschaftsregion Südwest GmbH, ein Drei-Jahres-Projekt, das Ende 2021 beendet ist. Auch hier kann das Doppelgespann auf Synergieeffekte zählen.
Menschen müssen mitziehen
Ziel sei es global zu denken, aber lokal zu handeln und die Verbindung von Tradition und Innovation zu schaffen. „Uns geht es darum, dass Orte in Gemeinden neu belebt werden und Projekte in Kommunen und Unternehmen entstehen können. Entscheidend ist aber immer, dass die Menschen einbezogen werden und mitmachen,“ hebt Ilg hervor.

Darum befinden sich Studinger und Ilg derzeit auf einer Tour durch die Kommunen am Hochrhein, sprechen mit Bürgermeistern und Entscheidern. Positive Resonanz gibt es, wie sie sagen, und mit Stefan Kaiser, dem Bürgermeister von Albbruck, gibt es erste Projektideen.
Workshop in Menzenschwand
Einen ersten Auftakt-Workshop gab es bereits Mitte Juni beim Kreativ-Brainstorming auf dem Bruderhof in Menzenschwand: Gemeinsam mit Uwe Zell, dem Inhaber des Bruderhofs, Manuel Kienzler, Stadtmarketing und Wirtschaftsförderung St. Blasien, und 12 engagierten Personen aus Dorf und Umgebung wurden erste Ideen eines Nutzungskonzepts für den Bruderhof erarbeitet.
„Es war ein beeindruckender Workshop“, erinnert sich Studinger. Denn das über 340 Jahre alte Schwarzwaldhaus gilt als ältestes Haus in Menzenschwand: Als die Schindelverkleidung vor einiger Zeit erneuert wurde, entdeckte man im Bereich des Hauseingangs die Ziffernfolge 1679, die auf das Baujahr hinweist.

Der Hof soll nun zu einem Ort werden, der sowohl den Dorfbewohner als auch Touristen zugutekommt. Das Besondere: „Für alle Teilnehmer an oberster Stelle: Die Bedürfnisse der Mitbewohner einbeziehen, die Tradition der Region wahren und auch eine junge Zielgruppe ansprechen“, erklärt Monika Studinger.
Kleine Schritte
Für New Work uffm Land wird nun an Formaten gefeilt, um die Menschen weiter zu vernetzen: Ein Newsletter, die „Digitale Post“, eine offene Slack-Gruppe und ab Herbst soll es weitere Austausch- und Bildungsformate auch als Präsenzveranstaltungen geben. „Wir wollen eine Plattform schaffen, eine ‚Sichtbarkeitskarte‘ von innovativen Ideen und Konzepten. Einen Raum für Inspiration schaffen, Gemeinwohl und Ökonomie verbinden“, erläutert Monika Studinger. Und das eben auch und gerade in unserer Region, die in der Arbeitswelt eher traditionell geprägt ist.
Kleine Schritte wollen Studinger und Ilg gehen. Und was soll ihrer Vorstellung nach in fünf Jahren passiert sein? Nach kurzem Überlegen sind sich die beiden einig: „Wir haben mindestens zehn mehrwertstiftende Projekte von und für die Region umgesetzt, eine nachhaltige Organisation aufgebaut, mit allen, die sich mit uns engagieren möchten, und am wichtigsten: Das Verständnis für die großen Zukunftsthemen und die Offenheit gegenüber Neuem ist auf dem Land deutlich gewachsen.“
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