Mit einer Bewährungsstrafe und einem Freispruch ist der Prozess gegen einen 28-Jährigen vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen zu Ende gegangen. Ihm war zur Last gelegt worden Ende Juli 2022 die Sparkassen-Filiale in Eggingen überfallen und wenige Tage später einen körperlich behinderten Mann mit Schlägen zur Überweisung von Geld genötigt zu haben. Konkret lautete die Anklage auf schwere räuberische Erpressung sowie räuberische Erpressung und gefährliche Körperverletzung.
Dass es bei diesem Prozess auf Nuancen ankommen würde, dass gegebenenfalls bei den Beweisen genau hingeschaut werden müsse, war von Beginn an absehbar. Und so zeigte sich zum Schluss, dass beide Tatvorwürfe in der zur Last gelegten Form nicht haltbar waren, wie der Vorsitzende Richter Martin Hauser darstellt. Aber der Reihe nach:
Versuchter Banküberfall: Rücktritt von der Tatabsicht wirkt strafmildernd
Ganze 30 Sekunden nahm der letztlich vergeblich verlaufene Versuch in Anspruch, durch Vorhalten einer Waffe zwei Bankmitarbeiterinnen zur Herausgabe von 30.000 Euro zu bewegen. Dann gab der Räuber gemäß Aufnahmen der Überwachungskamera auf und verließ die Egginger Filiale unverrichteter Dinge.
Wie im Lauf des Prozesses deutlich wurde, hatten die beiden Frauen, die an jenem 27. Juli in der Sparkasse arbeiteten, es geschafft, den Mann davon zu überzeugen, dass das Geld unter anderem aufgrund technischer Sicherungsmaßnahmen nicht so einfach zu beschaffen sei.
Der geständige Angeklagte Aleksandar B. hatte außerdem dargestellt, dass ihn Skrupel übermannt und er deshalb nicht weiter auf die Herausgabe des Geldes insistiert habe. Am Ende einer aufwendigen Beweisaufnahme erachtete das Gericht die Ausführungen als glaubwürdig.
Der gesamte Tatablauf erweckte zudem den Eindruck von geringer Vorbereitung. Unter anderem hatte sich der Angeklagte lediglich mit einer medizinischen Maske und einem Käppi maskiert. Als Druckmittel hatte er eine echt aussehende Spielzeugpistole dabei.
Einigung mit geschädigter Kassiererin
Immerhin war das Taterlebnis für die Kassiererin so schwerwiegend, dass sie auch Monate nach der Tat noch unter den Folgen leidet, wie sie in ihrer Zeugenaussage darstellte. Panikattacken und Ängste seien seither ihre konstanten Begleiter. Wenngleich eine Therapie bereits große Fortschritte bewirkt habe, könne sie ihren bisherigen Beruf als Kassiererin nicht länger ausüben.
Laut Darstellung von Richter Hauser habe das Gericht „die Voraussetzungen für einen strafbefreienden Rücktritt von der versuchten schweren räuberischen Erpressung als erfüllt angesehen“. Stattdessen wurde der Angeklagte wegen Bedrohung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Strafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung auf eine Bewährungszeit von vier Jahren ausgesetzt ist.
„Über die zivilrechtlichen Forderungen der geschädigten Sparkassenangestellten haben diese und der Angeklagte bereits im letzten Termin einen Vergleich geschlossen“, so Hauser weiter. Als Bewährungsauflage habe die Kammer dem Angeklagten auferlegt, während der vierjährigen Bewährungszeit mindestens 5000 Euro auf das vereinbarte Schmerzensgeld zu zahlen.
Übergriff auf behinderten Mann: Vorwürfe lassen sich nicht nachweisen
Im Gegensatz zum ersten Tatvorwurf, zu dem der Angeklagte sich bereits zum Prozessauftakt geäußert und geständig gezeigt hatte, hatten im Hinblick auf den zweiten Fall, der sich nur vier Tage später ereignet haben sollte, von Beginn an erhebliche Zweifel im Raum gestanden.
Hier hatte ein körperlich behinderter Mann angegeben, dass er von Aleksandar B. schwer misshandelt worden war, um die Herausgabe von 31.000 Euro zu erpressen. Zuvor hatte der Mann B.s Lebensgefährtin unter Vorspiegelung falscher Versprechungen für eins spezielle Art von Beziehung gelockt, die eine Mischung aus Pflegedienstleistung und sexuellen Gefälligkeiten gewesen sei, wie es die Frau selbst bezeichnete.
An der Glaubwürdigkeit des angeblich Geschädigten hatte das Gericht von Beginn an erhebliche Zweifel geäußert. Nicht nur war der Mann bereits vor Beginn der Verhandlung bereits rechtskräftig wegen Betrugs belangt worden, sondern musste sich just während des jetzigen Prozesses parallel wegen eines anderen Betrugsvergehens verantworten.
Auch anderweitige Erklärung für Verletzungen des angeblichen Opfers möglich
Während der Beweisaufnahme habe der Mann dann weitgehend von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Darüber hinaus habe der hinzugezogene rechtsmedizinische Sachverständige „auch eine andere Erklärung als Schläge gegen den Kopf für die im Klinikum Hochrhein erhobenen CT-Befunde gesehen“, so Hauser.
Da somit kein eindeutiger Nachweis zu erbringen war, dass Aleksandar B. tatsächlich Hand an den beeinträchtigten Mann gelegt hatte, wurde er von diesem Tatvorwurf freigesprochen.
Am Ende der langen, von etlichen krankheitsbedingten Verschiebungen und Ausfällen gekennzeichneten Prozesses konnte Aleksandar B. das Gericht jedenfalls als freier Mann verlassen. Der Haftbefehl sei bereits am 24. Februar außer Vollzug gesetzt worden, so Martin Hauser. Mit dem Urteil wurde er komplett aufgehoben.