Die USA, sie sind im Frauenfußball so etwas wie das Ziel der Träume. In kaum einem Land gibt es derart professionelle Voraussetzungen. Vor zwei Jahren hat Carina Wüst, die aus Hausen kommt und in Schopfheim ihre Fußballerinnen-Karriere begann, den Sprung in die USA gewagt.
Nun hat sie sich im Team der der Carson Newman University in Tennessee etabliert. Sie fühlt sich in Jefferson City wohl und will versuchen, sich als Profi durchzusetzen – auch wenn sie nicht mit allen Entwicklungen in den politisch zerrissenen Staaten einverstanden ist.

„Es war eine ganz krasse Erfahrung“, berichtet Carina Wüst. Wo Klassenkameraden direkt nach dem Abi am Schopfheimer Theodor-Heuss-Gymnasium zum Studium nach Freiburg ziehen oder irgendwo eine Ausbildung beginnen, wagte die heute 20-Jährige vor ziemlich genau zwei Jahren den ganz weiten Sprung: Damals, als Spielerin bereits beim FC Basel etabliert, wurde ihr ein Stipendium in den USA ermöglicht. Carina Wüst überlegte nicht lange und bereitete ihre Abreise vor, wegen der unsicheren Corona-Lage zog sich das damals lange ins Ungewisse, klappte aber schließlich doch.
Professionelle Bedingungen
„Und dann kommt man dort irgendwo hin, man kann zwar die Sprache, aber man muss sich erst einmal zurechtfinden“, erinnert sich die Fußballerin an die erste Zeit in Jefferson City. „Jedenfalls ist es vom Fußballerischen her extrem professionell.“ Und das war schließlich der Hauptgrund für den Sprung über den Atlantik. „Die stellen einem die Schuhe hin und hängen die Trikots in die Kabine, man muss sich um nichts selbst kümmern“, schwärmt Carina Wüst über die Trainingsbedingungen auf dem Campus der Universität. Das Training sei auf Profi-Niveau, genau wie das Umfeld. Wie in den USA üblich, haben auch die Sportler der Carson-Newman-University ein eigenes Stadion für die Hochschulmannschaften. Hier läuft auch das Frauenfußballteam auf, inzwischen auch mit Carina Wüst als Stammspielerin.

Der Anfang war schwer: Beim Warmlaufen für ihr erstes Spiel zog sie sich eine Zerrung zu und musste lange pausieren. Die pfeilschnelle und technisch versierte Flügelspielerin kämpfte sich aber in die College-Mannschaft zurück und möchte nun richtig durchstarten: „Ich traue mir zu, es zu schaffen“, sagt Carina Wüst über die weiteren Pläne. Damit meint sie nicht weniger als den Durchbruch in den Profi-Fußball, der in den USA einen ganz anderen Stellenwert genießt als in Europa.
Fußball ist Frauensport Nummer 1
Wo der Sport in der Herrenwelt der USA weit hinter American Football, Baseball, Basketball und Eishockey eine Nebenrolle spielt, ist Fußball unter den Frauen dort die Nummer eins. Das Traumziel für die Nachwuchsfußballerinnen ist eine Karriere in der National Women‘s Soccer League, der Profi-Frauenfußball-Liga in den USA, auch für Carina Wüst. Noch zwei weitere Jahre gibt das Stipendium ihr Zeit, es zu schaffen – die sportliche Entwicklung und auch die Schulnoten geben es her. „Aber auch wenn ich wieder nach Europa zurückkomme, würde ich es gerne versuchen.“
Inzwischen hat sie sich richtig eingelebt in Tennessee und viele Freunde gefunden. „Mit mir spielen sehr viele andere Internationale im Team“, berichtet Carina Wüst, die zurzeit auf Heimatbesuch im Wiesental ist, bevor sie Anfang August wieder voll ins Training einsteigt. Angefreundet hat sie sich – natürlich – vor allem mit einer ehemaligen Gegenspielerin aus der Zeit beim FC Basel. „Mit ihr spreche ich auch Alemannisch, vor allem, wenn uns niemand verstehen soll“, sagt sie und lacht. Aber der Freundeskreis umfasst auch andere Nationalitäten.
Politik ist schwieriges Thema
Gerade im Dialog mit den Amerikanerinnen, erzählt Carina Wüst, wird aber ein Thema regelrecht gemieden, um keinen Streit heraufzubeschwören: die Politik. Die damalige Teenagerin hat nach dem Wechsel in die USA direkt die Schlammschlacht des Wahlkampfs zwischen Donald Trump und dem jetzigen Präsidenten Joe Biden erlebt. Anschließend kam dann die beispiellose antidemokratische Kampagne des abgewählten Trump, um an der Macht zu bleiben, was bekanntermaßen im Sturm auf das Kapitol gipfelte. Tennessee hatte überwiegend Trump gewählt – „es war teils beängstigend“, erzählt Carina Wüst.
Als sie 2020 ankam, war die Stadt bis in die Vorgärten der Bewohner hinein mit Trump-Plakaten übersät. „Wir sind über einen Highway gefahren und sind dabei auf eine Trump-Parade mit Trucks und Jeeps gestoßen“, berichtet sie. Die war ein paar Kilometer lang, die Autos waren beklebt mit Trump-Porträts und teilweise mit Hassparolen. Wie es zugehen kann in den USA – wo theoretisch jeder eine Waffe am Leib tragen darf – erfuhr sie in jener Zeit auch: „Gleich in den ersten Tagen nach meiner Ankunft gab es in einem Supermarkt in der Nachbarschaft eine Schießerei. Das war schon beunruhigend“, gibt die Fußballerin zu.