Grenzenloses Wirtschaftswachstum lässt sich mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit, aber auch mit Menschlichkeit dauerhaft nicht vereinbaren. Diese Erkenntnis ist in der Bevölkerung längst angekommen, wie unter anderem Umfragen der Bertelsmann-Stiftung zeigen. Bereits im Jahr 2010 wünschten sich rund 88 Prozent der Deutschen ein neues Wirtschaftssystem.
Gefordert werden neue Werte und ein Umdenken. Einen Ansatz dafür bietet, neben zahlreichen weiteren Initiativen, die Bewegung der Gemeinwohlökonomie (GWÖ). Monika Studinger aus Albbruck hat gemeinsam mit Thekla Korhummel, der Gründerin des Ja-Verein Stühlingen, und 14 weiteren Personen im Januar 2022 eine Regionalgruppe gegründet.
Was steckt hinter der Idee?
„Wir müssen Wachstum neu definieren und uns von der sozialen Marktwirtschaft hinbewegen zu einem System der Gemeinwohlökonomie“, sagt Monika Studinger, Koordinatorin der Regionalgruppe. Die aktuell rund 30 Mitglieder dieser wachsenden Gemeinschaft verbindet vor allem das Interesse an nachhaltigem Wirtschaften.
Die Gemeinwohlökonomie hat sich nachhaltiges Wirtschaften zum Ziel gesetzt, dazu gehören unter anderem ökologisches Bewusstsein, umweltschonende Produktionen, soziale Gerechtigkeit und gute Arbeitsbedingungen.

In der Regionalgruppe GWÖ eröffnen sich laut Studinger für Unternehmer, Freiberufler und Kommunen am Hochrhein neue Möglichkeiten, um sich für ein neues, zukunftsfähiges Wirtschaftssystem stark zu machen. So gibt es beispielsweise das Angebot einer Bilanzierung nach GWÖ.
„Ich selbst habe eine Ausbildung als Gemeinwohlökonomie-Beraterin absolviert, weil ich das Thema einfach so spannend finde und es in seiner Ganzheit verstehen möchte“, erklärt Monika Studinger. Aber auch ohne professionelle Ausbildung können sich Menschen in der Regionalgruppe engagieren und selbst wertvollen Nutzen aus deren Know-How ziehen.
„Es geht gar nicht darum sofort perfekt zu sein, sondern darum, sich intensiver mit den Möglichkeiten nachhaltigen Wirtschaftens zu beschäftigen und sich auf den Weg zu machen“, erklärt die Koordinatorin.
Wie arbeitet die Gruppe?
Per Newsletter werden Mitglieder und Interessierte regelmäßig über aktuelle Themen und Neuigkeiten informiert. Innerhalb der Regionalgruppe hat sich ein zehnköpfiges Organisationsteam gebildet, das mindestens einmal im Quartal zu einer Veranstaltung mit Bezug zum nachhaltigen Wirtschaften einlädt. Präsenz zeigt die Gruppe auch in der Öffentlichkeit, wie beispielsweise im Oktober mit einem Informationsstand bei den Wirtschaftsgesprächen des Landkreises.
Das nächste Netzwerktreffen findet am 14. November bei Netzwerkmitglied Dennis Nowak in der Boulderhalle Hotzenblock in Tiengen statt. Die Boulderhalle wurde erst kürzlich zu einer Gemeinnützigen Gesellschaft umgewandelt, um allen interessierten Menschen , unabhängig von finanziellen Mitteln, das Klettern zu ermöglichen.
Was will die Regionalgruppe erreichen?
Ziel der Regionalgruppe ist es die Gemeinwohl-Ökonomie bekannt zu machen, den Erfahrungsaustausch zu fördern und Unternehmen zu motivieren, ihre Tätigkeit mit einer Gemeinwohl-Bilanz nachhaltig zu gestalten. „Erste Unternehmen in der Region planen bereits ihre Bilanzierung nach Gemeinwohl. Wir hoffen, dass diese Pioniere für zukünftiges Wirtschaften inspirierende Beispiele für ein breites Umdenken nach sich ziehen“, so Monika Studinger.
Auch politisch will sich die Gruppe stark machen für eine gemeinwohlorientierte Wirtschaftsordnung. „Nachhaltiges Wirtschaften und ethisches Handeln sollte belohnt werden“, betont die Unternehmerin. „Nicht Gewinn und Wachstum sollen in der Zukunft den Erfolg einer Firma ausmachen, es braucht auch andere Werte, mit denen Unternehmen zum Wohl der Gesellschaft beitragen.“ Deshalb fordert die GWÖ-Bewegung auch Pluspunkte für faire Löhne, Umweltschutz und gute Arbeitsbedingungen.
Unternehmen mit positiver Gemeinwohlbilanz könnten, so Studinger, beispielsweise von Steuervorteilen profitieren, von günstigen Krediten oder von Vorrang bei öffentlichen Vergaben.
Alle Mitglieder der Regionalgruppe GWÖ Waldshut arbeiten ehrenamtlich. „Wir haben die Gruppe bei der Agentur New Work uffm Land angedockt, die ich mit meinem Geschäftspartner Tobias Ilg führe, weil es zu unseren Inhalten passt und wir es so noch aktiver bewerben können“, erläutert Monika Studinger.
Deutschlandweit gestalten, entwickeln und engagieren sich immer mehr Menschen für die Gemeinwohlökonomie und damit für ein neues zukunftsfähiges Wirtschaftssystem. Auch in der Region macht sich eine engagierte und wachsende Gemeinschaft auf den Weg in eine wirtschaftliche Zukunft, die für alle Menschen wieder lebenswert sein kann.