Die Ausläufer der Corona-Pandemie, mit erhöhten Krankenständen auch in der eigenen Belegschaft, die Folgen des Ukraine-Krieges mit Preissteigerungen und großer Verunsicherung, und ein nie da gewesener Sprung der Zinsen: Das vergangene Jahr brachte für die Banken in Deutschland eine ganze Menge Turbulenzen mit sich.
Und dennoch: Die Sparkasse Hochrhein hat all diese Klippen äußerst gut gemeistert. So lautet die Botschaft der Sparkassen-Vorstände Wolf Morlock und David Gerstner anlässlich der Bilanzpressekonferenz in Waldshut-Tiengen. Zuwächse gibt es in nahezu allen wichtigen Bereichen zu verzeichnen.
Beide räumten aber auch ein: Die Zahl der Herausforderungen wird nicht geringer, sie kommt in Unsicherheiten auf dem Finanzmarkt ebenso daher wie in Gestalt von Räuberbanden, die vorzugsweise SB-Filialen von Banken ins Visier nehmen. All dies erfordere Anstrengungen, die zugleich Prognosen erschweren.
Erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung
Eine Steigerung der Bilanzsumme um 3,8 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Ein Wachstum bei den Kundenkrediten um drei Prozent auf 2,63 Milliarden und bei den Kundeneinlagen um fast sechs Prozent auf 2,61 Milliarden Euro. So lauten die wesentlichen Eckpunkte der Jahresbilanz der Sparkasse Hochrhein, die das Vorstandsduo jetzt präsentieren konnte.
Nach Abzug aller Ausgaben und Steuerzahlungen in Höhe von sieben Millionen Euro bleibe laut Morlock unterm Strich ein Gewinn von fünf Millionen Euro – dieser rangiert somit auf dem Niveau des Vorjahres. Alles in allem ein „starkes Ergebnis“ nach einem durchaus anstrengenden Jahr, wie der Sparkassen-Vorsitzende Morlock darstellte.
Zinsexplosion sorgt für Rückgänge bei Baukrediten
Mehr als die Hälfte der Kundenkredite des vergangenen Jahres (1,4 Milliarden) seien für private Wohnbauvorhaben gewährt worden. Eben dieser Bereich sei zwischenzeitlich aber erheblich unter Druck geraten.
„Ein Cocktail verschiedener Aspekte erschwert hier im Moment die Übergangsphasen und macht die Lage unübersichtlich“, sagt Morlock dazu. Einerseits seien die Zinsen dafür verantwortlich, die laut Gerstner „mit historisch einmaliger Geschwindigkeit“ steigen
Die Nachfrage lasse aber auch durch den Wegfall von Förderprogrammen nach. So habe die Sparkasse allein 450 Millionen Euro an Förderkrediten an die Kunden ausgegeben. Mehr als 60 Prozent des Geldes sei für energetische Sanierungsmaßnahmen bewilligt worden.

Eben hier tue sich nun ein gewaltiges Problem auf, schildert Morlock, denn einerseits sorgten regulatorische Vorgaben dafür, dass gewisse Maßnahmen zur Pflicht werden, wodurch Baukosten steigen. Gleichzeitig werden Förderprogramme gestrichen.
Morlock weiter: „Es ist zu erwarten, dass wir den Bauboom der vergangenen Jahre nicht werden fortsetzen können.“ Zumindest im Moment rechnen die Sparkassen-Verantwortlichen zwar nicht damit, dass es nachhaltige Probleme auf dem Immobilienmarkt geben könnte. Aber auf jeden Fall sei die Verlangsamung der Dynamik zu erwarten, die es in den vergangenen Jahren gegeben habe.
Überblick: Das vergangene Geschäftsjahr der Sparkasse Hochrhein in Zahlen
Sparguthaben wachsen trotz Inflation
Eine für Außenstehende überraschende Entwicklung ergibt sich derweil mit Blick auf die Kundeneinlagen bei der Sparkasse, denn trotz Inflation und Rohstoffverteuerung sind auch die Sparguthaben gewachsen – und zwar so stark wie seit zehn Jahren nicht, so David Gerstner. Allein zwei Milliarden Euro befinden sich im Besitz von Privatkunden.
Hier komme freilich ebenfalls wieder die Grenznähe zur Schweiz ins Spiel, wie Wolf Morlock vorrechnet. 20 Prozent der Sparkassenkunden verdienten ihr Geld dort, und profitierten nicht zuletzt vom starken Franken. Und: „Etwa ein Drittel des Wohlstands verdankt die Region dem Einkaufstourismus. Das darf man nicht außer Acht lassen.“ Somit ergäben sich wesentlich bessere Voraussetzungen für die Menschen und Unternehmen als in den meisten anderen Teilen der Republik. Unter anderem hätten viele Menschen eben überdurchschnittliche Einkünfte.
Comeback konservativer Anlageformen
Aufgrund der Zinsentwicklung gewinnen konservative Anlageformen wie Sparbriefe wieder an Attraktivität. Das klassische Bankgeschäft mit seinen Einlagezinsen feiere gewissermaßen sein Comeback. Ohnehin ermögliche es das Zinswachstum, „wieder ein breiteres Portfolio an Möglichkeiten für alle Anlagetypen“ anzubieten.
Vor dem Hintergrund eines durchaus volatilen Aktienmarktes im vergangenen Jahr sei dies als positiv zu bewerten. Seitens der Kunden werden beispielsweise Fondssparpläne oder Wertpapier-Depots laut Gerstner auch stark nachgefragt.
Die Zinsentwicklung stelle aber gerade die Kreditinstitute vor Herausforderungen, die wohl erst in den nächsten Monaten vollständig überblickt und in Angriff genommen werden könnten, schildert das Vorstandsgespann. Denn den stetig steigenden Kredit- und Sparzinsen stehe ein hoher Anteil zinsgebundener Kredite gegenüber. Es fordere einen erheblichen Aufwand, dies alles unter einen Hut zu bringen.
Digitalisierung nimmt zu – Filialen aber vorerst nicht in Gefahr
Die Zahl der Girokonten bei der Sparkasse hat im vergangenen Jahr um 2,5 Prozent auf 98.000 zugelegt. Drei Viertel davon sind für Online-Banking freigeschaltet. Die Sparkassen-App werde von immerhin 28.000 Kunden genutzt.
Für das Filialnetz habe dies aber vorerst keine Auswirkungen – wobei Wolf Morlock diesbezüglich keine Aussage treffen möchte, die über dieses Jahr hinaus gehen: „Wir schauen das auf jeden Fall jedes Jahr aufs Neue an.“
Faktoren, wie die steigende Zahl an Überfällen auf SB-Filialen, also jene Niederlassungen, in denen nur noch Automaten stehen, fließen neben wirtschaftlichen Betrachtungen in diese jährliche Analyse mit ein.
Zwar sei im Geschäftsgebiet der Sparkasse Hochrhein kein Automaten-Aufbruch vorgefallen. Die Häufung in den umliegenden Regionen, auch der Einsatz von Gewalt, mit der die Diebe sich Zugang zum Bargeld verschaffen, mache aber betroffen. Nicht zuletzt werden hier Investitionen in die Sicherheit notwendig sein, prognostiziert Morlock. Dass dem auch sehr grundsätzliche Überlegungen zum Fortbestand von bestimmten Filialen folgen könnten, sei naheliegend.
Die persönliche Bilanz des neuen Sparkassen-Vize
Die Lage auf dem Finanzmarkt bleibt auf alle Fälle nicht leicht, die Zahl der Herausforderungen bleibt hoch, die Perspektiven können aufgrund vieler Faktoren auf geopolitischer Ebene nicht in allen Details abgeschätzt werden.
Und dennoch: Es gebe durchaus auch Grund optimistisch zu sein und zu bleiben, hält David Gerstner fest. Er hat nun gleichsam sein erstes Jahr im Amt als stellvertretender Vorsitzender der Sparkasse Hochrhein hinter sich gebracht und ist überzeugt: „Wir sind ein solides, nachhaltiges und innovatives Kreditinstitut – geprägt von einem tollen Miteinander und echtem Herzblut für die Sparkasse.“
Das habe sich nicht zuletzt während der Phasen des hohen Krankenstandes im vergangenen Jahr gezeigt, als die Mitarbeiter serviceorientiert und kollegial eingesprungen seien, wenn Not am Mann war. Und das sei eben ein Aspekt, der die positive Entwicklung des Hauses auch in einem anspruchsvollen Jahr ermöglicht habe.