Sandra Granacher

Ich stand ehrlich gesagt kurz vor dem Weinen. Ehrlich gesagt, ich habe geweint. So betroffen hat mich das Interview mit Herrn Sommer gemacht. Stellen sie sich bitte mal vor: Sie sitzen voller Ferienfreude im Zug und plötzlich geht alles sehr schnell. Der ICE bremst ab und es herrscht eine Hektik. Ein Bombenalarm. Keiner weiß, ob dieser echt ist oder ein bizarrer Streich.

Alle Menschen werden aus der Bahn evakuiert, weil sie noch selber laufen können. Nur Herr Sommer sitzt plötzlich alleine da. Ich möchte mir nicht vorstellen, was sich in dem Mann alles abgespielt haben muss. Er kann sich nicht rühren, aber sein Geist ist klar und bekommt alles mit. Er muss durch die Hölle gegangen sein.

Wo bitte schön bleiben die Notfallpläne, die angeblich für so einem Fall erarbeitet wurden? Man hätte Herr Sommer auch aus dem Stuhl nehmen können und ihn in Sicherheit bringen. Das ganze Szenario kommt mir unwirklich vor.

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Dann speist man ihn mit 30 Euro ab und kommentiert es mit einer 0815-Entschuldigung. Herr Sommer ist von dem Ganzen sicher traumatisiert. Eine zusätzliche Belastung zu seinem Handicap. Ist das schlechte Gewissen beruhigt für die Verantwortlichen mit der Maßnahme?

Leider können sich viele keine teure Versicherung leisten, um einen Anwalt einzuschalten, der für ihre Rechte kämpft. Ich wünschte mir, dass die Gesellschaft respektvoller mit behinderten Menschen umgeht und sie ernst nimmt.

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So traurig das ist, diese Menschen haben es im 21. Jahrhundert noch immer nicht einfach. Herr Sommer, danke, dass Sie den Mut hatten, mit ihrer berechtigten Wut an die Öffentlichkeit zu treten. Ich hoffe, es wird sich in Ihrer Angelegenheit eine Türe öffnen.

Sandra Granacher, Waldshut-Tiengen

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