Der Kühlturm des Kernkraftwerks Leibstadt (KKL) präsentiert sich derzeit als gähnendes Loch. Am 2. August ging die Anlage - wie wir bereits berichteten - zwecks vierwöchiger Revision vom Netz. Doch das Drohnen-Video sorgt auch in der Ferienzeit für Aufregung.
In Leibstadt ist man nicht gut zu sprechen auf die Aufnahmen aus der Luft. "Wir lassen Bildaufnahmen der Anlage zu, sofern sie mit uns abgesprochen sind – aber so etwas hätten wir nie bewilligt", sagt Karin Giacomuzzi, Mediensprecherin des KKL auf Medien-Anfrage.
Zu gefährlich sei so ein Drohnenflug über den Kühlturm. "Der Wasserdampf hätte das Gerät zum Absturz bringen können", begründet Giacomuzzi. Auch die Hochspannungsleitungen, die die Anlage verlassen, seien ein Risiko. "Wäre die Drohne abgestürzt, hätte sie Menschen verletzen können", so Giacomuzzi. Oder nicht zuletzt in den Kühlturm fallen können, wo sie unter Umständen erheblichen Schaden anrichten könne.
Rechtlich hat das Kernkraftwerk kaum eine Handhabe, um gegen neugierige Drohnenfilmer vorzugehen. "Grundsätzlich ist es erlaubt, mit Drohnen über Schweizer Kernkraftanlagen zu fliegen", bestätigt Urs Holderegger, Mediensprecher des Bundesamtes für Zivilluftfahrt (Bazl). Gesetzlich geschützt vor Drohnen sind in der Schweiz militärische Anlagen, Menschenansammlungen, Flugplätze oder die Privatsphäre – nicht aber AKW. Anders als etwa in Frankreich oder Deutschland.
Jürg Knobel aus Döttingen ist es, der das Video am Freitag auf Facebook und Youtube hochgeladen hat. "Im Interesse der Öffentlichkeit, zum Polarisieren und Diskutieren", schreibt er auf Youtube dazu. Im Telefongespräch mit Schweizer Medien führt er aus: "Ich wollte zum Nachdenken anregen darüber, wie einfach man mit einem solchen Fluggerät an Kernkraftanlagen herankommt. Etwas aufschrecken."
Filmer will eine Diskussion auslösen
Er selbst wohne schließlich in der Nähe des Kernkraftwerks Leibstadt – "und da ist mir manchmal schon etwas mulmig zumute". Der Filmer weiß, dass nicht verboten ist, was er getan hat. Er selbst ist es ja, der sich ein Verbot wünscht. Von einer Strafanzeige sieht die Kernkraftwerk Leibstadt AG ab. Aber: "Wir prüfen derzeit die urheberrechtliche Situation", so Mediensprecherin Karin Giacomuzzi.
Das KKL hat am Dienstag in einem Brief an Youtube gebeten, den Film entfernen zu lassen. Giacomuzzi: "Weil die Verwendung des Films nicht von uns genehmigt war und wir deshalb die Veröffentlichung auf Youtube als unzulässig erachten." Außerdem fordern die Betreiber des KKL Youtube auf, dem Urheber des Films zu bestellen, er solle sich mit ihnen in Verbindung setzen, "um die Angelegenheit zu klären".
Jürg Knobel hat sein Ziel längst erreicht. "Ich warte ab und bin gespannt", sagt er.
Von Simone Morger (AZ)