Spitaldirektor Daniel Lüscher empfing im Kantonsspital Schaffhausen rund 50 Personen aus dem Jestetter Zipfel, die der Einladung der Freien Wähler Jestetten gefolgt waren. Die ärztliche Versorgung ist in den Gemeinden Jestetten und Lottstetten ein brennendes Thema.

Um ins nächste deutsche Krankenhaus in Waldshut oder Singen zu gelangen, wird rund eine Dreiviertelstunde benötigt, wobei das Kantonsspital in Schaffhausen in 15 Minuten zu erreichen ist. Zudem sind die deutschen Notfallstationen oft überfüllt und Wartezeiten von mehreren Stunden keine Seltenheit. Die Möglichkeit einer ärztlichen Versorgung durch das Kantonsspital Schaffhausen wird im Jestetter Zipfel immer wieder in Betracht gezogen. Für eine Schweizer Krankenversorgung müssen allerdings einige Hürden überwunden werden.

Wann fährt der Schaffhauser Rettungswagen über die Grenze? Im Notfall können Bewohner aus Deutschland die Schweizer Notfallversorgung in Anspruch nehmen und die gesetzliche Versicherung übernimmt sämtlichen Kosten. Der Rettungswagen vom Kantonsspital kommt mit zwei Rettungssanitätern, allenfalls auch mit einer Anästhesiefachperson, wobei bei einem deutschen Krankenwageneinsatz immer ein Notarzt dabei sein muss.

„Bei einem Einsatz in Deutschland gelten die gleichen Kompetenzen wie in der Schweiz, obwohl das die deutschen Ärzte nicht gerne sehen“, sagte Thomas Schmuki. Der Schaffhauser Rettungsdienstleiter merkte an, dass die Ambulanz bei einer Verfügbarkeit sofort nach Deutschland geschickt wird, wenn ein Notruf aus Deutschland kommt. Wenn der Krankenwagen von der deutschen Leitstelle angefordert wird, rechnet sie auch direkt mit der Krankenkasse ab. Bei einer privaten Alarmierung erfolgt die Abrechnung über den Patienten.
Definition eines Notfalls
„Was ist ein Notfall?“, wollte ein Besucher hinsichtlich der Kostenübernahme wissen. „Wenn eine lebensbedrohliche Situation eintritt“, entgegnete die Jestetter Bürgermeisterin Ira Sattler. Alexandra Rüedi erklärte, dass ein Notfall im Kantonsspital im Ermessen des Patienten liegt. „Wenn es für den Patienten ein Notfall ist, dann ist es auch einer für uns, und so geben wir es auch an die Versicherung weiter“, sagte die Leiterin der Personaladministration.
Will das Kantonsspital die Deutschen? Bei der Spitalführung kam auch die Frage auf, ob das Kantonsspital, das im Einzugsgebiet von rund 100 000 Menschen die erweiterte Grundversorgung sichert, auch die etwa 8000 Personen im Jestetter Zipfel mitversorgen kann. „Wir wären sehr daran interessiert, für Sie die Anlaufstelle für eine Spitalversorgung zu sein und bringen auch die Kapazität hin“, sagte Daniel Lüscher.
Bürgermeisterin Ira Sattler äußerte sich zweigeteilt. Sie möchte ein Krankenhaus im deutschen Landkreis Waldshut, wozu es Patienten braucht, von denen aber ein Teil wegfallen würde, wenn der Jestetter Zipfel generell vom Kantonsspital versorgt würde. „Ein Rahmen-Abkommen mit den gesetzlichen Versicherungen, das die freie Krankenhaus-Wahl über die Landesgrenze ausdehnt, würde ich aber auch voll unterstützen“, sagte Sattler.
Das Spital
Das Kantonsspital Schaffhausen hat 1550 Mitarbeiter und betreibt 370 Betten. Im vergangenen Jahr gab es rund 11 000 stationäre Aufenthalte und etwa 76 000 ambulante Fälle. Der Ertrag lag bei rund 170 Millionen Franken, wovon etwa 70 Prozent für Lohn- und Sozialversicherungskosten verwendet wurden. In den nächsten sieben Jahren soll das Kantonsspital durch einen 81 mal 81 Meter großen und siebenstöckigen Neubau ersetzt werden, wobei die Kosten maximal 270 Millionen Franken betragen dürfen.