Stabwechsel im Rathaus Hohentengen. Bürgermeister Martin Benz geht Ende Mai und sein Nachfolger Jürgen Wiener tritt sein Amt an.
Herr Benz, Sie waren über die Hälfte Ihres Lebens Bürgermeister. Was waren die Höhepunkte in Ihrer Amtszeit? Worauf sind Sie besonders stolz?
In 32 Jahren Amtszeit durfte ich mich über viele Höhepunkte freuen. Seien es das Stärken und Zusammenwachsen der Ortsteile, das Abschaffen der unechten Teilortswahl mit der Folge, dass gleich danach der kleinste Ortsteil im Verhältnis die meisten Gemeinderäte und Gemeinderätinnen stellte, das Stärken der Infrastruktur, Schulentwicklung, Bau von Radwegen, soziales Projekt Pfarrwiese, bauliche Entwicklung, Breitband, um nur einige zu nennen und nicht die Themen Flugverkehr sowie Atommüllendlager zu vergessen.

Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger und der Gemeinde?
Meinem Nachfolger wünsche ich vor allem Gesundheit und die Kraft, endlose, zum Teil rein Eigeninteresse orientierte Diskussionen durchzustehen.
Möchten Sie jemandem für die Unterstützung in Ihrer Zeit als BM besonders danken?
Ich darf mich zuerst bei den Wählerinnen und Wählern bedanken, die mir gestattet haben, das nach wie vor wunderbare Amt des Bürgermeisters auszuüben. Aber selbstverständlich ein großes Dankeschön an meine Familie und allen, die mich auf meinem Weg konstruktiv begleitet haben.

Was passiert nach Ihrem Austritt? Bleiben Sie in anderen Ämtern noch vertreten?
Das Schöne ist, wenn man ein öffentliches Leben aufgibt, dass es dann privat ist. Insofern werde ich privat noch das ein oder andere machen. Meine Ämter im Kreistag, Regionalverband und im weiteren ehrenamtlichen Bereich, werde ich weiter ausüben.

Herr Wiener, was veranlasste Sie, sich als Bürgermeister zu bewerben?
Schon seit meiner Tätigkeit bei der Polizei diene ich dem Gemeinwesen. Für mich war das schon immer nicht nur ein Job, sondern eine Berufung. Ich wollte schon immer gern etwas für die Verbesserung des Gemeinwohls bewegen. Im Rahmen meiner langjährigen Tätigkeit bei der Stadt Waldshut-Tiengen konnte ich die öffentliche Verwaltung und die Kommunalpolitik von Grund auf kennenlernen. Ich war sofort davon fasziniert, woraufhin vor einigen Jahren der Wunsch in mir reifte einmal Bürgermeister zu werden, um wirklich etwas bewegen zu können. Um mich drauf noch intensiver vorbereiten zu können, absolviere ich seit Sommer 2021 berufsbegleitend einen Masterstudiengang in Public Management.

Bei einer Wahlbeteiligung von 63,3 Prozent entfielen 84,2 Prozent der Stimmen auf Sie. Die Wähler haben sicher hohe Erwartungen. Was möchten Sie für die Gemeinde erreichen?
Da gibt es selbstverständlich einige Themen, die ich in den kommenden acht Jahren gerne aufgreifen möchte, soweit sie auch zu meinen Mitarbeitenden und zur Bürgerschaft passen. Ich will an dieser Stelle zwar nicht mein Wahlprogramm wiederholen, nenne aber dennoch hier gern einige konkrete Beispiele.

Die Digitalisierung ist ein wichtiges zukunftsorientiertes Thema. Um Informationen schnell und breit zugänglich zu machen, soll ein Ratsinformationssystem entstehen, die Bespielung sozialer Medien etabliert sowie eine Bürgerapp eingeführt werden.
Um das Ziel klimaneutrale Kommune zu erreichen, setze ich mich für den weiteren Ausbau des Nahwärmenetzes ein, ebenso dafür, das Potenzial von Photovoltaikanlagen weiter auszuschöpfen und energetische Gebäudesanierungen vorantreiben. Dabei will ich allerdings auch immer den Blick auf innovative Möglichkeiten der Energiegewinnung, wie Windkraft, Abwasserwärmerückgewinnung sowie die Nutzung des Rheins als Quelle der Nahwärmeversorgung, richten.

Für mehr Bürgerbeteiligung möchte ich Zukunftswerkstätten zu verschieden Themen mit der Bürgerschaft durchführen sowie spezielle Angebote zur Beteiligung von Senioren und Jugendlichen anbieten.
Beim Thema Tourismus würde ich gerne Wohnmobilstellplätze als zusätzliches Angebot zu den Campingplätzen etablieren und das touristische Angebot nachhaltig erweitern. Weitere wichtige Themen sind für mich die freie Arztpraxis in der Pfarrwiese mit noch einer weiteren Ärztin oder einem weiteren Arzt zu besetzten, um die ärztliche Versorgung in der Gemeinde weiter zu optimieren sowie unser Rathaus durch energetische Sanierung sowie Barrierefreiheit zukunftsfest zu machen.

Gibt es eine besondere Herausforderung?
Besondere Herausforderungen sind die gleichmäßigere Verteilung der Flugverkehrsbelastungen durch den Flughafen Zürich, die bevorstehenden Entscheidungen, mit dem geologischen Tiefenlager in eine möglichst gerechte und positive Richtung für unsere Gemeinde zu steuern sowie die richtigen Antworten auf den Klimawandel zu finden.

Worauf freuen Sie sich?
Am meisten freue ich mich natürlich darauf, meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sowie die Bürgerinnen und Bürger näher kennenzulernen. Aber auch auf die für mich zum Teil noch sehr neuen Themen.

Was wird sich für Sie mit dem Einzug ins Rathaus persönlich grundlegend ändern, oder auch nicht?
Mein Arbeitsweg wird auf alle Fälle viel entspannter sein. Richtung Hohentengen stand ich bisher nämlich noch nie im Stau. Ansonsten wird meine wöchentliche Arbeitszeit vor allem abends nochmals um einiges zunehmen. Nicht ändern wird sich meine vertrauensvolle Art im Umgang mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie meine zupackende und pragmatische Herangehensweise an neue Herausforderungen. Auch meine strukturelle und strategische Arbeitsweise hat sich in der Vergangenheit sehr bewährt und wird daher ebenfalls beibehalten.
Fragen: Ingrid Ploss