Geigerin Miriam Klüglich und Pianist Harald Sinot verzauberten ihre Zuhörer am Sonntagabend in der Görwihler Pfarrkirche mit französischer Musik des Fin de Siècle. Auf dem Programm standen die erste Sonate von Gabriel Fauré sowie die späten Sonaten seiner beiden Schüler Maurice Ravel und Claude Debussy.
Die Etablierung einer echt französischen Kunst hatte sich die "Société nationale de Musique" bei ihrer Gründung 1871 auf die Fahnen geschrieben, deren Sekretär Fauré 1874 wurde. Tatsächlich betrachteten die Mitglieder seine erste Sonate für Violine und Klavier als das epochemachende Musikstück in dieser Richtung mit unverwechselbar französischem Ton und schon in Richtung der impressionistisch schwebenden Klangwelt seiner späteren Schüler deutend.
Lebendiges Spiel
Miriam Klüglich und Harald Sinot hatten das Werk Faurés ans Ende ihres Programms gestellt, das Pferd also quasi von hinten aufgezäumt, indem sie mit dem 1917 entstandenen Werk Debussys begannen. Die Intimität seiner Dialoge, in denen eher bruchstückhaft melodische Gesten aufleuchten, hat einen ganz besonderen Reiz. Die beiden Künstler verstärkten diesen nachhaltig durch ihr lebendiges Spiel mit dynamischen Abstufungen und der Herausarbeitung der kontrastiven Gestik in der musikalischen Aussage.
Der zweite Satz bot einen fantastischen Tanz kecker kleiner Floskeln, den die Geige gemeinsam mit der rechten Hand des Klaviers vollführte, während die Linke mit Staccatotupfern den Rhythmus dazu intoniert. Der dritte Satz beginnt mit solistischem Piano, die Geige setzt scheinbar vollkommen unabhängig davon ein. Die beiden Charaktere nähern sich immer mehr einander an und vollführen einen wechselvollen Reigen, mal träumerisch, dann majestätisch, mit flirrenden Läufen zum Höhepunkt hin, der sich unversehens in ein naives Kinderliedchen verwandelt, um nach strahlendem Wiedererstarken auf dem Hochton plötzlich abzubrechen.
Klavier und Geige im Wettstreit
Ravel gestaltete sein letztes vollendetes Kammermusikwerk, seine Sonate aus dem Jahr 1927, bewusst als Gegenüberstellung von Unvereinbarem. Klavier und Geige treten quasi in einen Wettstreit, wobei das eine Instrument das andere zu kommentieren scheint. Besonders das Klavier punktet immer wieder mit kleinen markanten Störfeuern, die zwischen lyrische Passagen der Geige eingestreut werden. Als zweiten Satz komponierte Ravel in dieser Sonate einen Blues, der sowohl in Harmonik und Phrasenbildung als auch in der Nachahmung der typischen gleitenden, verwischten Töne durch die Geige und den ostinaten rhythmischen Floskeln des Klaviers deutlich als solcher erkennbar ist. Der dritte Satz ist ein wie ein ganzer Insektenschwarm brummendes und summendes Perpetuum mobile an Tonrepetitionen und kreisenden Figuren in der Geige, zu dem das Klavier Reminiszenzen an die beiden vorigen Sätze beiträgt.
Perfektes Zusammenspiel
Den Programmschluss bildete, ganz im Gegensatz zum Vorigen und dennoch als dessen Vorbote erkennbar, der spätromantische Zauber rauschhafter Verschmelzung in Faurés erster Sonate. Der zweite Satz war geprägt von verhaltener Melancholie, der dritte dagegen ein wieselflink perlendes Scherzo. Der Finalsatz schließlich führte vom schwärmerischen Beginn zu strahlendem Jubelgesang. Dem mit Leichtigkeit und Anmut vorgetragenen perfekten Zusammenspiel dieses virtuosen Duos spendete das eher kleine Publikumsgrüppchen großen Applaus und erhielt zum Dank als Zugabe die von Ravel komponierte Berceuse.