Eine dauerhafte Schließung der Albtalstraße ist vom Tisch. Das Landesverkehrsministerium sagte bei einem Treffen am Mittwochabend in Stuttgart zu, die Kosten für die Sanierung des seit Mai 2015 gesperrten Abschnitts zwischen Görwihl und Albbruck zu tragen. Noch nicht klar ist, wann die umfangreichen auf mindestens ein Jahr veranschlagten Felssicherungsarbeiten aufgenommen werden können. Die fachtechnische Planung wird dem Landratsamt Waldshut übertragen.
„Ein guter Tag für den Landkreis Waldshut und seine Bürgerinnen und Bürger“, heißt es in der gemeinsamen Pressemitteilung, in der das Verkehrs- und Umweltministerium sowie das Landratsamt am Donnerstag über das Ergebnis des Treffens informierten. Teilgenommen hatten daran Vertreter des Ministeriums, des Regierungspräsidiums Freiburg, des Landratsamts Waldshut, die Abgeordneten Felix Schreiner (MdB CDU), Sabine Hartmann-Müller (MdL CDU), Reinhold Pix (MdL Grüne), ein Vertreter des Wahlkreisbüros der SPD-Abgeordneten Rita Schwarzelühr-Sutter sowie der Anliegerkommunen Albbruck, Dachsberg, Görwihl und St. Blasien.
Seit 2015 für den Verkehr gesperrt
Die Strecke zwischen der Tiefensteiner Brücke und Hohenfels ist seit Pfingsten 2015 für den gesamten Verkehr gesperrt, nachdem nach Abgang eines großen Felsblocks und weitergehenden Untersuchungen die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet werden konnte. Insbesondere Vertreter der betroffenen Gemeinden und des Landkreises fordern seitdem die baldige Wiedereröffnung. Dieses Ziel unterstützten auch 11000 Bürger mit ihrer Unterschrift.
Demgegenüber standen nicht nur die zu erwartenden Kosten in Millionenhöhe. Der betroffene Straßenabschnitt befindet sich in einem besonders geschützten Flora-, Fauna-, Habitat-Gebiet. Eine Vorprüfung hatte ergeben, dass durch Hangsicherungsmaßnahmen wesentliche Eingriffe in FFH-Schutzgebiete möglich machen könnten. Das Regierungspräsidium Freiburg gab zu dieser Frage ein Gutachten in Auftrag, dessen Ergebnis bei dem Treffen bekanntgegeben wurde.
Laut Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer kommen die Gutachter zu dem Ergebnis, dass die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen tatsächlich dazu führen, dass „in prioritär geschützte Lebensraumtypen und geschützte Arten eingegriffen wird und die Erheblichkeitsschwelle des Paragraphen 34 Bundesnaturschutzgesetz überschritten wird“. Das Bundesnaturschutzgesetzes ermögliche allerdings zur Abwendung von Gefahren für Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer Eingriffe zur Hangsicherung in Verbindung mit den erforderlichen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.
Landratsamt federführend
Das Landratsamt Waldshut wird in Abstimmung mit dem Regierungspräsidium Freiburg die fachtechnische Planung beauftragen und die Federführung für die Gesamtmaßnahme übernehmen. Landrat Martin Kistler: „Ich freue mich, dass die fachtechnische Planung nun vergeben werden kann. Die Kosten für die Sanierung werden durch das Land Baden-Württemberg getragen. Ein wichtiges Zeichen für den Landkreis Waldshut und das richtige Zeichen für die ländlichen Räume in Baden-Württemberg“.
Einigkeit unter den beteiligten Behörden besteht, dass zusätzlich eine behördliche Begleitgruppe für die Ausarbeitung der fachtechnischen Planung unter Vorsitz des Landratsamtes Waldshut eingerichtet wird, um alle Interessen und Notwendigkeiten zu bündeln, damit die technische Detailplanung und die erforderliche Grünplanung entsprechend vorbereitet werden kann. Allen Beteiligten ist bewusst, dass die fachtechnische Planung und die Sanierung anspruchsvolle Aufgaben sind.
Regierungspräsidentin Schäfer: „Diese Aufgabe ist in einem naturschutzfachlich sensiblen Gebiet umzusetzen. Die Eingriffe so zu planen, dass Folgen für Natur und Umwelt minimiert und kompensiert werden können, wird eine große Herausforderung für alle Akteurinnen und Akteure sein.“ Die Folge ist, dass nun die fachtechnische Detailplanung vergeben wird, um die baulichen Maßnahmen im Einzelnen zu planen und mit den naturschutzrechtlichen Erfordernissen in Einklang zu bringen.
Die Umsetzung soll so schnell wie möglich erfolgen, die derzeit vegetationsarme Zeit soll bereits für die fachtechnische Planung genutzt werden. Angesichts des Charakters und der Größe des Gebiets sowie des Umfangs der erforderlichen Maßnahmen könnten die Baumaßnahmen jedoch nicht von heute auf morgen umgesetzt werden, heißt es in der Pressemitteilung. Es seien sicherlich auch während der Umsetzung noch unterschiedliche Detailfragen zu klären und Abstimmungen auch mit Grundstückseigentümern vorzunehmen.
Bis Freigabe mehr als ein Jahr
Ministerialdirektor Uwe Lahl: „Angesichts des bisherigen Zeitablaufes wäre es mir das Liebste, wenn die Maßnahme möglichst schnell umgesetzt werden könnte, um die Verkehrsfreigabe zu ermöglichen. Allerdings bin ich mir bewusst, dass dafür beispielsweise ein Jahr ein zu geringer Zeitrahmen ist, so dass auch unter Berücksichtigung des Engagements aller Beteiligten ein längerer Zeitrahmen bis zur Verkehrsfreigabe erforderlich werden wird. Zu berücksichtigen ist, dass Maßnahmen in Millionenhöhe umzusetzen sind“.
Die Bürgermeister der vertretenen Kommunen bedankten sich beim Regierungspräsidium Freiburg für die Vorarbeiten und beim Verkehrsministerium Baden-Württemberg dafür, dass dieses eine entsprechende Unterstützung zugesagt hat und für die Kosten der Sanierung einsteht.
Die Finanzierungszusage aus Stuttgart sei auch das Ergebnis beharrlicher politischer Arbeit, erklärten die beiden CDU-Abgeordneten Schreiner und Hartmann-Müller in einer eigenen gemeinsamen Pressemitteilung. „Das Interesse an der kleinen Straße im Landkreis Waldshut war in Stuttgart anfangs nicht groß. Doch die Vehemenz, mit der wir aus der Region für die Wiedereröffnung der Albtalstrecke gekämpft haben, hat letztlich Wirkung gezeigt“, so Schreiner. Die SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter begrüßte die Entscheidung ebenfalls. Weil die entscheidenden Arbeiten nur während der Vegetationspause durchgeführt werden könnten, müsse das Zeitfenster bis Ende März unbedingt genutzt werden. "Sonst verlieren wir wieder ein ganzes Jahr."
Die Albtalstraße werde kein Einzelfall bleiben, so Ministerialdirektor Lahl: „Wir werden uns zukünftig angesichts der klimatischen Veränderungen auf schwierigere Verhältnisse in den Tälern einrichten müssen. Die Möglichkeiten müssen ausgelotet und Lösungen gefunden werden, damit auch Straßen, die in anspruchsvollen und sensiblen Gebieten verlaufen, für den Verkehr aufrechterhalten werden können.“