Petra Mann

Bonndorf – "Vier Kerzen für ein Hallelujah" nannte sich der weihnachtliche Jahresrückblick, den Jess Jochimsen beim Folktreff im Foyer der Stadthalle gab. Trotz des winterlichen Wetters konnte Gudrun Deinzer, Vorsitzende des Folktreffs, zahlreiche Zuschauer begrüßen. Als "Zuckerl" für die treuesten Folktreffbesucher gab es die Jahresendverlosung: Folktreff-Fans, die vier und mehr Eintrittskarten aus dem Jahresverlauf vorweisen konnten, hatten die Chance, eines von zwei Medien-Paketen mit CDs, DVDs und Büchern der Folktreffkünstler des sich neigenden Jahres zu gewinnen. Ab sieben gesammelten Karten gab es als Zugabe einen Eintrittskartengutschein für eine Folktreffveranstaltung im nächsten Jahr. Simon Kech, zuständig für Technik, Tickets und die Webseite des Folktreffs, spielte Glücksfee und ermittelte die glücklichen Gewinner.

Jess Jochimsen ist nicht nur Kabarettist, sondern auch Autor, Musiker und Fotograf. Jedes Jahr von Ende November bis zur Bescherung spielt Jochimsen seinen ganz eigenen weihnachtlichen Jahresrückblick. Im "Bonndorfer Gabenkorb" befanden sich neben dem legendären "Krippenspiel" ein wehmütiger Rückblick auf das vergangene Jahr, schlimme Urlaubsdias und Bilder anderer seltsamer Sehenswürdigkeiten. Jochimsen las und zitierte eigene Texte, spielte hingebungsvoll Blockflöte, Glockenspiel, Akkordeon und Westerngitarre und sang Lieder von traurigen Weihnachtsbegegnungen. "Wenn es Ihnen langweilig wird, können Sie sich alternativ zu mir die Musikinstrumente ansehen", schlug der Künstler vor.

Jochimsen, der auf seiner Abschlussfahrt mit dem Geschichte-Leistungskurs in Bonn tatsächlich Alt-Bundeskanzler Helmut Kohl getroffen hat, weckte Erinnerungen an Kindheitstage mit Wollstrumpfhose und Fäustlingen. Er wäre eigentlich immer zu warm angezogen gewesen. Ab Oktober mussten Mütze und Schal, ab November die "textile Demütigung" namens Strumpfhose getragen werden. Die Eltern hätten wohl Angst gehabt, ihr Sohn würde spontan auf dem Schulweg erfrieren. Besonders chic: die kurze blaue Sporthose über der braunen Strumpfhose im Sportunterricht. "So gut kannst du in Sport gar nicht sein! Und da muss man sich nicht wundern, wenn man als Letztes in die Brennballmannschaft gewählt wird!", erklärte Jochimsen.

Auch an das Weihnachtsfest hat der Kabarettist wenig positive Erinnerungen. Zuerst der traurige Film "Bambi" im Kino – auf der Heimfahrt fuhr Jochimsens Opa dann auch noch ein Reh tot, welches erst im Kofferraum und später über die Garage in der Kühltruhe landete. "Um Ostern herum gab es dann Rehbraten!" Höhepunkt des Programms war Jochimsens legendäres chaotisches Krippenspiel, aufgeführt mit 40 Zweitklässlern, welches sich dem Kabarettisten bis heute ins Gedächtnis gebrannt hat. Das beliebteste Mädchen der Klasse spielte die Maria, Josef lispelte, es gab reichlich Engel und bis an die Zähne bewaffnete Hirten. Da die Rollen immer noch nicht für alle Kinder reichten, kamen kurzerhand fünf heilige Könige aus dem Morgenland und Maria und Josef mussten mit dem Zug von München nach Bethlehem reisen. Das Jesuskind war eine zu groß geratene Barbiepuppe, welcher die Haare geschnitten wurden, und die bei Bewegung "Kauf mir was!" von sich gab. Jochimsen selbst spielte den leicht überdimensionierten Esel mit dem überaus eindrucksvollen Test "i-ah" (übersetzt aus dem Bayrischen: ich auch).

Mit der Verbindung aus Literatur, Dia-Vortrag und Musik begeisterte Jess Jochimsen sein Publikum und machte die Veranstaltung zu einem höchst amüsanten und außergewöhnlichen Kabarettabend. Er verließ die Bühne mit einem Zitat von Leonard Cohen: "Ich verlasse den Tisch und bin raus aus dem Spiel!"