Da setzte sich Archivstaub in die Fingerporen. Den 20 Schülern der 7b der Realschule machte dies allerdings nichts aus. Mit Feuereifer waren sie im Rathaus dabei, sechs Stunden lang geographische Karten der Gemarkungen Bonndorf und der heutigen Ortsteile, teils aus dem 19. Jahrhundert, zu archivieren und in sichere Behältnisse zu stecken.
Geschichte greifbar erleben
Auf dem Tisch eines der Rathauszimmer im zweiten Obergeschoss wurden Pläne entrollt, ausgebreitet und jedes einzelne Stück genau unter die Lupe genommen. Fein säuberlich handschriftlich, aber auch in einen mitgebrachten Laptop eingetippt, werden Kartenthema, das Entstehungsjahr, die Gemarkung und etwaige Bemerkungen festgehalten. „Es ist dies teils richtig altes Kartenmaterial, das die Schüler in die Hände bekommen“, erläutert Lehrer Klaus Morath im Gespräch mit dieser Zeitung. Der Archivtag im Rathaus diene sozusagen dem handfesten, greifbaren Erleben von Heimatgeschichte.
Derzeit beschäftigen sich die Schüler im Unterricht mit dem Thema „Auswanderung nach Amerika“. Er habe den Schülern an einem Beispiel eines 1817 gescheiterten Auswanderungsversuchs des Gündelwangers Paul Friedrich dies näher bringen wollen. Auf Gemarkung Gündelwangen findet sich noch heute das Gewann „Klein Amerika“.
Dort stand das, wohl 1904 im Zuge des Baus der damaligen Eisenbahnstrecke zwischen Lenzkirch und Bonndorf abgerissene Haus des Rückkehrers Paul Friedrich. Er selbst versuche derzeit, die bisherige Forschung auf diesem Gebiet zu vertiefen, so Klaus Morath. So sei er auf der Suche nach einer Gemarkungskarte aus dem Jahr 1895 auf die Idee gekommen, im Archiv des Rathauses Bonndorf nachzuforschen.

Und dabei habe es nahe gelegen, die Suche mit einem Archivtag der Realschüler zu verknüpfen. Die Schüler sichteten also Pläne aller Couleur – vom modernen Druck aus den 1970er Jahren bis zu handbeschrifteten Exemplaren aus dem 19. Jahrhundert. Das älteste Exemplar war eine Gemarkungskarte der „Stadtgemeinde Bonndorf“ von 1827. Die besonders eifrigen Schüler, die für das Ausrollen der alten Pläne zuständig waren, stellten irgendwann fest: „Wir haben Archivstaub auf unseren Fingern.“
Bei der Archivierung fielen den Schülern auch historische Schätze in die Hände. So gibt es einen akribisch ausgearbeiteten Plan mit dem Titel „Gefechtsschauplatz Anno 48 für die Fastnacht 1910“. Dort ist, vermutlich für ein fastnachtliches Schauspiel, die genaue Positionierung von militärischen Truppen sowie Schanzen und Gefechtsständen auf dem Lindenbuck festgehalten. Sollte die Auseinandersetzung im Zuge der Badischen Revolution 1848/49 nachgestellt werden? Ob diese Darstellung tatsächlich einem närrischen Schauspiel diente, erschloss sich den jungen Archivkräften allerdings nicht.