Ans Aufhören denkt Kurt Zimmermann noch lange nicht. „Dafür habe ich noch viel zu viele Ideen,“ sagt eifrige Erfinder aus Bad Säckingen. Dabei wird Zimmermann in wenigen Wochen 89 Jahre alt, und 2008 wurde bei ihm die unheilbare Nervenkrankheit Parkinson diagnostiziert, die seinen Körper nach und nach außer Gefecht setzt. Inzwischen ist Zimmermann fast vollständig auf seinen Rollstuhl angewiesen. Wenn es eng zugeht, wie etwa im knapp bemessenen Fahrstuhl seines Wohnhauses, muss er sich auf seinen Rollator stützen.
„Mein Geist ist voll da, aber der Körper macht nicht mehr mit“ sagt Zimmermann, und ein Blick in sein Arbeitszimmer voller Ordner, Plänen und Skizzen unterstreicht seine Aussage. Medaillen und Pokale aus seiner Zeit als Radrennfahrer schmücken die Wände, Schränke und Kommoden seines kleinen Büros. Der gelernte Maschinenbau-Ingenieur war zeitlebens eine Kämpfernatur, die sich auch jetzt nicht mit dem Status Quo abfinden will. Deshalb tüftelt Zimmermann stets an verschiedenen kleinen Apparaten, die ihm im Alltag helfen, so unabhängig wie möglich zu bleiben. „Heute ist das Grübeln und Tüfteln mein Sport“, sagt er.
So selbstständig wie möglich
Inzwischen schon lange in Zimmermanns Wohnung im Einsatz sind verschiedene praktische Hilfen, die er selbst erdacht hat: Zum Beispiel helfen ihm Haltevorrichtungen im Badezimmer und spezielle Hängebügel über dem WC, dort alleine zurecht zu kommen. Auch am Bett in seinem Schlafzimmer hätten sich die zusätzlichen Haltemöglichkeit bewährt, erzählt er zufrieden: „So bin ich nicht auf eine ständige Betreuung angewiesen und falle nicht allzu sehr zur Last.“
Einmal in der Woche kommt seine Sekretärin zu ihm in die Wohnung, um bei Büroarbeiten und Briefeschreiben zu helfen – Zimmermann selbst sieht zunehmend schlechter, das Schreiben fällt ihm wegen Parkinson ebenfalls schwer. „Ich lasse mir Texte von einer Software vorlesen und nutze auch moderne Diktierfunktionen, auch das gibt Selbstständigkeit zurück,“ sagt Zimmermann. Denn die besten Ideen kämen ihm nachts, wenn niemand da sei, um die Einfälle für ihn aufzuschreiben, erzählt er.

Erfindermesse und Patente
Bis heute hat Kurt Zimmermann 17 Erfindungen angemeldet – seinen jüngsten Patentantrag für eine Reinigungshilfe für den Allerwertesten hat er Ende 2018 gestellt. Auch auf der Nürnberger Erfindermesse im gleich Jahr kam sein Prototyp gut an. Allerdings wurde aus dem Patent bisher nichts: Das Produkt eines ausländischen Herstellers sei seiner Entwicklung in der Funktion zu ähnlich, hieß es in der Begründung. „Dabei liegt meinem System ein ganz anderes Prinzip zugrunde, und auch funktionell finde ich das andere Produkt nicht so gut,“ meint Zimmermann dazu. Doch anstatt sich zu ärgern oder aufzugeben, setzte er sich wieder ans Reißbrett und arbeitete weiter an seinem Gerät. Mittlerweile hat er eine verbesserte, zweite Version seiner Reinigungshilfe erstellt, und bereitet mit seinem Patentanwalt einen neuen Antrag vor. Zu seinen anderen Projekten zählen derzeit unter anderem außerdem ein mechanischer Spender für Zahnpasta oder auch eine raffinierte, zusammenkappbare Anziehhilfe für Hosen.
Pläne für die ferne Zukunft
Kurt Zimmermanns Einfallsreichtum beschränkt sich jedoch keineswegs auf Hilfen für den Haushalt. Um Bad Säckingen auch in der Zukunft für Besucher und Kurgäste attraktiv zu halten, arbeitet er bereits geraume Zeit an einer Vision für die nächsten hundert Jahre: Die Rückkehr zur Inselstadt Säckingen. Das Städtchen Säckingen lag bis ins Jahr 1830 auf einer Insel, durch einen Seitenarm des Rheins vom Festland getrennt. Dieser verlief vom Gallusturm über den heutigen Rudolf-Eberle-Platz und die Lohgerbe, und folgte dann dem Verlauf des heutigen Gießenbachs, direkt hinter dem SÜDKURIER-Gebäude in der Hauensteinstraße. 1830 wurde der verlandete Seitenarm dann zugeschüttet. „Der ehemalige Verlauf ist heute natürlich zugebaut, das lässt sich nicht einfach mal so umsetzen,“ weiß Zimmermann. Auf die Insel-Vision könne man jedoch stadtplanerisch über Jahrzehnte hinweg sanft hinarbeiten, um eines Tages den alten Flusslauf wiederherstellen zu können. „Neubauten im mittelalterlichen Stil, kein Verkehr auf der Insel, Gastronomie... vorausdenkend auf 100 Jahre wäre es vielleicht möglich,“ begründet er seine Überlegungen. Gemeinsam mit einem Experten der Universität Karlsruhe gab es bereits eine Begehung vor Ort, als nächster Schritt folgt eine Machbarkeitsstudie für das Vorhaben. „In den vergangenen 100 Jahre sind so viele Dinge Realität geworden, die man zuvor für unmöglich hielt, wer weiß was in den nächsten 100 Jahren alles möglich wird,“ überlegt Zimmermann weiter. Wer weiß, vielleicht spricht man im 22. Jahrhundert tatsächlich vom „Klein-Venedig am Hochrhein“.