Bad Säckingen ist von zwei Seiten von Hochwasser bedroht. Die Bäche vom Hotzenwald können über die Ufer treten und zu Überschwemmungen führen. Der sonst ruhig fließende Rhein kann sich in eine reißende „Furie“ verwandeln. Beide Ereignisse treffen im Jahr 1999 ein. Im Februar gibt es Hochwasser vom Hotzenwald her und am 12., 15. und 22. Mai erlebt Bad Säckingen das Jahrhunderthochwasser. 4650 Kubikmeter pro Sekunde wälzen sich am 12. Mai 1999 durch das Rheinbett.

Der Pegel in Hauenstein erreicht an diesem Tag gegen 23 Uhr den historischen Höchststand von 11,21 Meter – normal sind es vier Meter. Der Rhein präsentiert sich als reißender und brodelnder Fluss, der unzähliges Treibgut mit sich führt. Das Rheinkraftwerk stellt seine Turbinen ab und öffnet die Überläufe. Die Situation in Rheinnähe entwickelt sich schlimmer als beim letzten großen Hochwasser 1994. Die Rheinbrücke wird zeitweise gesperrt. Der Rheinuferweg steht unter Wasser. Hunderte von Baumstämmen samt Wurzeln wiegen sich in der rauschenden Brandung und bleiben zum Teil liegen. Papierkörbe und Sitzbänke reißt die Flut mit sich. Von der Tischtennisplatte sind nur noch Trümmer übrig. Die Wassermassen und das Geschwemmsel zerstören alles, was nicht niet- und nagelfest ist.

Unter Wasser stehen zahlreiche Keller. In der Schillerstraße arbeitet sich das Grundwasser durch die Mauern. Überschwemmt ist das Gartengelände am Bootshaus. Noch nie in diesem Jahrhundert hat sich das Wasser soweit ausgebreitet. Die Gartenbesitzer ersticken im Schlamm.

Alle Hände voll zu tun haben Feuerwehr, Technisches Hilfswerk und der Bauhof. Eine Marke am Rheinuferweg erinnert an dieses katastrophale Hochwasser. „Wir sind haarscharf an einer Katastrophe vorbei“, erinnert sich Jürgen Huber vom städtischen Tiefbauamt. Am Rheinuferweg entsteht ein Schaden von rund 130 000 Euro.
Unverantwortlich bezeichnet Huber die Leute, die sich mit Kind und Hund über die Absperrungen hinwegsetzen und sich im Gefahrenbereich aufhalten. Eine größere Welle kann sie mitreißen und sie haben keine Chance mehr, der reißenden Strömung zu entkommen.

Hochwasser von den Bächen
Wenn im Hotzenwald der Boden gefroren ist, der Schnee taut und es dabei noch kräftig regnet, führen die Bäche des Hotzenwaldes wie beispielsweise der Heimbach, der Landtenbach und der Schöpfebach große Wassermengen ins Tal.
Ein solches großes Hochwasser gibt es auch 1968. Bei der damaligen Firma „Elementa“ ist eine Dole durch Holz verstopft. Das Wasser fließt über die Eggbergstraße in Richtung Bahngleise. Zahlreiche Keller in Richtung Gloria-Theater stehen größtenteils unter Wasser.

Wenn bei Rechen infolge von angeschwemmten Material die Durchlaufkapazität erheblich verringert ist, sucht sich das Wasser einen anderen Weg. So geschehen am 20. und 21. Februar 1999. Der Schöpfebach läuft über. Das Gebiet um den Sennhof ist betroffen. Das Bachbett läuft über. Das Wasser kann nur mit dem Einsatz von Sandsäcken wieder geregelt abgeleitet werden. Neuralgische Punkte sind auch die Rohre, die die Wassermengen der Bäche unter der Bundesstraße und unter den Bahngleisen durchführen. Reicht die Kapazität nicht mehr aus, kommt es zu einer Unterspülung der Gleise oder zu Schäden an der Bundesstraße. Nach jedem Hochwasser versucht die Stadt durch geeignete bauliche Veränderungen zukünftige Schäden zu vermeiden.

Hochwasser bis 1919
- 1343: Das Hochwasser überschwemmt fast die ganze Stadt und reißt die Rheinbrücke weg.
- 1480: Elf Joche der Holzbrücke fallen dem Hochwasser zum Opfer.
- 1506: Ein Brückenjoch wird vom Hochwasser weggerissen.
- 1570: Hochwasser zerstört den größten Teil der Rheinbrücke und der Stadtmauer.
- 1774: Durch Hochwasser wird das letzte Joch der Rheinbrücke zerstört.
- 1778: Die Rheinbrücke wird erneut durch Hochwasser beschädigt.
- 1851/1852: Hochwasserkatastrophen historischen Ausmaßes.
- 1876: Große Rheinüberschwemmung.
- 1896: Rheinüberschwemmung.
- 1910: Hochwasser.
- 1919: Hochwasser.
Hochwasser: 4650 Kubikmeter pro Sekunde wälzen sich durch das Rheinbett. Bild: Stadt Bad Säckingen
Alarmierung
Ob der Rhein oder die Bäche vom Hotzenwald über die Ufer treten und zu Überschwemmungen führen, für jede Gefahrenlage gibt es einen Alarmplan. Für die Überschwemmungsgefahr, die vom Hotzenwald herkommt, ist die Stadt zuständig. Bei einer entsprechenden Wetterlage beobachtet der Bauhof mit dem Tiefbauamt den Wasserstand in den Bachläufen. Sie kontrollieren Rechen, Schächte und Dolen. "Es kann sein, dass ich nachts einen Anruf erhalte und entscheiden muss, welche Maßnahmen eingeleitet werden müssen", beschreibt Jürgen Huber vom Tiefbauamt die ständige Bereitschaft der Fachabteilung des Rathauses, um bei etwaigem Hochwasser schnell reagieren zu können.

Alarmplan bei Hochwasser im Rhein
Maßgebend für Hochwasseralarm im Rhein ist das Pegelmessgerät in Hauenstein. Dies wird elektronisch abgelesen. Bereits bei der 8-Meter-Marke, wenn für Bad Säckingen noch keine Gefahr besteht, informiert das Landratsamt Waldshut-Tiengen die Anliegergemeinden. Im Rathaus der Stadt besteht eine Alarmierungskette. Sie ist Garant, dass die zuständigen Abteilungen Kenntnis haben. Unter Mithilfe des Landratsamtes wird die Wetterlage beobachtet und es wird ermittelt, ob der Pegel steigt oder fällt.

Krisenstab
Bei 9 Meter Wasserstand können die Wellen, die vom Kraftwerk herkommen, den Fußweg am Rheinufer überfluten. Da der Rhein beim Gallusturm einen Bogen nach links macht, schwappen die Wellen über das Ufer auf den Weg und bleiben nicht im Flussbett. Der städtische Bauhof schließt alle Zugänge zum Fußweg mit Absperrbarken.
Jetzt wird die Kontaktperson der Gartenanlage "Gettnau" und des Bootshauses sowie der Mieter des Gallusturmes informiert. Geschlossen werden die Überläufe am Kanal "Rheinallee", damit das Wasser nicht zurück in den Kanal drückt und die Kanäle der Innenstadt überflutet.
Bei der 10-Meter-Marke wird der städtische Krisenstab "Hochwasser" unter der Leitung des Bürgermeisters einberufen. Die Feuerwehr dichtet mit einem Kissen mehrere Auslaufrohre im Bereich der Altstadt ab. Das alte Giessenbett füllt sich bei 10,25 Meter bis zum Damm der B 518 mit Wasser.
Bei 10,50 Meter wird die Gettnau überflutet und die Holzbrücke wird nach Absprache mit den Schweizer Behörden gesperrt. Jetzt fließt eine Wassermenge von etwa 4000 Kubikmeter pro Sekunde im Rhein.
11-Meter-Marke
Bei 11 Meter Pegelstand ist zu entscheiden, ob die Seitenverkleidung der Holzbrücke entfernt werden muss, damit das Wasser und das Geschwemmsel durchfließen können ohne die Brücke zu zerstören.
Bei 11,25 Meter wird die Rheinallee gesperrt und die Rheinbadstraße mit Sandsäcken usw. gegen eindringendes Wasser in die Altstadt abgesichert.
Ob Hochwasser im Rhein oder Wasser vom Hotzenwald, die Betroffenen werden nach Bedarf sofort und rechtzeitig benachrichtigt. Je nach Schadenslage werden die Hilfsorganisationen (Feuerwehr, Technische Hilfswerk, Rettungsdienst, Deutsches Rotes Kreuz) alarmiert und eventuell Fremdfirmen zu Hilfe geholt. Ist zum Beispiel die Gasleitung, die an der Decke der Holzbrücke hängt oder die Wasser- oder Energieversorgung gefährdet, werden die Stadtwerke hinzugezogen.