Doris Dehmel

Gleich zweimal ist der Birndorfer Bürgersaal beim Jahreskonzert 2022 des Musikvereins Birndorf vollständig gefüllt gewesen. Viele Besucher, auch aus der Umgebung, waren dabei, als Hansjörg Bollinger zum letzten Mal am Dirigentenpult vor seinem Birndorfer Musikverein stand. Netti Berger führte durch das Programm, das zum einen Dank an das Publikum für die langjährige Treue war, gleichzeitig aber auch eine Hommage an den Dirigenten und seine schweizerische Heimat.

Von dort hatte er auch Lisa Stoll als die „Swisslady“ am Alphorn mitgebracht. 2013 hatte die Alphornsolistin in Birndorf ihren ersten Auftritt. Sie begeisterte beim Abschiedskonzert von Hansjörg Bollinger ihn selbst und vor allem auch das Publikum. Bunt war die Auswahl der Stücke, die mit Soloauftritten bereichert wurden. Muriel Binkert beeindruckte mit ihrer Stimme ebenso wie Yannic Schlachter mit seinem Flügelhornsolo bei „Besame Mucho“. Er war wenige Tage zuvor zum Vizeweltmeister im Fliesenlegerhandwerk gekürt worden.

Nachdem die Saxophone in „Golden Swing Time“ dominierten, eröffneten nach der Pause in „Top of Switzerland“ Peter Schubert an der Trompete, Lukas Vogelbacher am Xylophon und Nicole Eilers, die Eingangs die Jugendmusik Buch-Birndorf dirigierte, an der Klarinette mit „I Shall Not Be Moved“ von Christoph Walter, einem Freund des Dirigenten, den zweiten Programmteil. Musikalisch wurde den Gästen mit „Glacier Express“ Reiselaune vermittelt, ehe das Posaunen-Register in „Dibidäbi lüpf dis Bei“ dominierte.

Mit dem Stück „Josef in Form“, einem Ländler-Walzer in Fis-Dur, verlangte Lisa Stoll sich und ihrem Alphorn sowie auch dem Orchester Höchstleistungen ab, was alle mit Bravour meisterten. Mit dem echten Schweizer Stück „Zämehäbe“ spannten die Musiker den Bogen zu den persönlichen Verbindungen mit Hansjörg Bollinger, der nach zehn Jahren seinen Abschied vom Musikverein Birndorf nimmt. Von einem Glücksfall, ihn als Dirigenten erlebt haben zu dürfen, sprach Philipp Schlachter in seinem Rückblick und sagte: „Es war uns eine Ehre.“

Bürgermeister Stefan Kaiser nannte den knapp 80-jährigen Hansjörg Bollinger ein gutes Beispiel, dass auch im Alter noch vieles möglich sei. 58 Jahre Dirigententätigkeit sollen Motivation für die nachfolgenden Generationen sein. Mit dem Verein in einem wenig mehr als 600 Einwohner zählenden Dorf sei der Erfolg sichtbar und deutlich geworden, dass mit dem Einfordern von Disziplin, Pflichtgefühl und Engagement Höhen und Tiefen gut erlebbar sein könnten. „Schade, dass Sie gehen“, sagte Stephan Kaiser und überreichte Bollinger zum Abschied ein Fernglas, mit dem der Blick von der Schweiz nach Birndorf immer möglich sein solle.

Fabian Schäuble und Yannic Schlachter (rechts) verbanden den Dank des Musikvereins mit der Übergabe einer Ruhebank an den neuen ...
Fabian Schäuble und Yannic Schlachter (rechts) verbanden den Dank des Musikvereins mit der Übergabe einer Ruhebank an den neuen Ehrendirigenten Hansjörg Bollinger und seine Ehefrau Vreni. | Bild: Doris Dehmel

Fabian Schäuble und Yannic Schlachter drückten ihren Dank für das gute Miteinander mit Hansjörg Bollinger und seiner Ehefrau Vreni mit der Übergabe einer Bank für ruhigere Zeiten aus. Vreni Bollinger hat mit der Bassklarinette in der Vergangenheit selbst schon das eine oder andere Mal beim Musikverein ausgeholfen. Der Ernennung zum Ehrendirigenten folgte eine spezielle Auszeichnung. Das aus der Feder von Christoph Walter stammende Stück „Goodbye Gentleman“ ist dem scheidenden Dirigenten gewidmet. Damit verbunden ist der Wunsch des Birndorfer Musikvereins, dass der Ehrendirigent beim 100-jährigen Vereinsbestehen 2024 mit diesem Werk den Gesamtchor dirigieren wird.