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  1. Angst ist vererbbar: "Die Fähigkeit zur Angst ist ganz sicher genetisch festgelegt", sagt Norbert Grulke. Stärkere oder schwächere Ängste werden also vererbt, aber: Die Art der Angst nicht. Wenn die Mutter große Höhenangst hat, gilt das für das Kind nicht automatisch. Doch ist die Wahrscheinlichkeit hoch, durch die Erziehung ebenfalls diese Angst zu entwickeln. Auch krankhafte Angststörungen werden nicht vererbt, hier bedarf es weiterer Auslöser, etwa erlebte Traumatisierungen.
  2. Jeder hat Angst: Angst und Furcht sind eine grundlegende Emotion. Jemand, der nie Ängste verspürt, ist äußerst auffällig. "Menschen ohne Angst werden aber wahrscheinlich auch nicht alt, die laufen ja einfach über die Straße, ohne Sorgen zu haben, überfahren zu werden", erklärt Grulke.
  3. Angst macht krank: Ängste können krankhaft sein. Das ist spätestens dann der Fall, wenn die Person selbst oder aber seine Umwelt unter ihnen leiden und sie den Alltag stark beeinträchtigen. Norbert Grulke macht aber Hoffnung: Früh erkannte und behandelte Angststörungen haben gute Heilungschancen. Aus krankhafter Angst können aber weitere Krankheiten folgen: Rund ein Drittel aller Patienten entwickelt eine Depression. Männer fangen zudem oft an zu trinken, Frauen tendieren zu Medikamentenmissbrauch, sagt der Direktor.
  4. Der Angst muss man sich stellen: Norbert Grulke bestätigt das ganz klar: "Mit der Angst wird man nur fertig, wenn man sich der Angst stellt." So arbeite oft auch die Therapie: Früher war Grulke in Ulm tätig, Höhenangst kurierte er oft, indem er mit den Patienten auf das Ulmer Münster stieg und dort mit den Patienten einige Zeit verbrachte – oft war die Angst schon danach weg. Oder eine Patientin mit Tunnelangst – der hat Grulke nahegelegt, mit ihrem Mann am Steuer dutzende Male hintereinander durch einen Tunnel zu fahren. Mittlerweile machen ihr Tunnel nichts mehr aus. Deswegen gilt auch der alte und vielfach abgewandelte Spruch, nach einem Sturz direkt wieder auf das Pferd zu steigen – so wird tatsächlich die Ausprägung einer Angst vermieden. Das Schlimmste ist dagegen, solche möglichen Angstsituationen gezielt zu vermeiden oder Versuche abzubrechen, sich ihr zu stellen: Das verstärkt die Angst nur immer weiter.
  5. Angst gibt es schon immer: "Ohne die Fähigkeit, Angst zu empfinden, würde es uns nicht geben", sagt Norbert Grulke. Angst sei evolutionär überaus wichtig – denn ohne Angst wären die Menschen schnell ausgestorben: "Dann wären sie beim Säbelzahntiger nicht geflohen, sondern hätten sich genähert und geschaut, wie scharf die Zähne sind." Sogar einfache Lebewesen wie Pantoffeltierchen zeigen schon eine Grundausprägung von Angst.
  6. Angstprobleme nehmen zu: Zwar sei sich die wissenschaftliche Welt uneins, doch Grulke sieht einen Anstieg der Angststörungen. Das Leben werde instabiler, es gebe mehr Herausforderungen, mehr Unsicherheiten – das fördere soziale Störungen, so das Gefühl des ärztlichen Direktors der Luisenklinik.
  7. Angst kann man steuern: Zumindest teilweise. Es gibt auch eine schnelle Art von Angst, die man nicht steuern kann: Etwa die, wenn im Dunkeln plötzlich ein Mann mit einem Messer vor einem steht. Hier übernehmen Reflexe die Kontrolle, schalten Teile des Gehirns aus und versetzen den Körper in Alarmbereitschaft. Doch es gibt eine andere Form, mit der man sich auseinandersetzen kann: Zum Beispiel die, wenn man eine schwerwiegende Krankheitsdiagnose erhält. Den Umgang mit ihr kann man steuern. Allerdings: Diese Ängste können umgekehrt auch die Kontrolle über das komplette Leben übernehmen – dann sind sie krankhaft. Grulke erzählt von einer Patientin, die nicht mehr in einen Raum gehen konnte, wenn dort eine Spinne war – und entfernen konnte sie sie auch nicht. Deswegen übernachtete sie teilweise vor ihrem eigenen Schlafzimmer: "Und doch blieb die Angst, die Spinne könnte aus einer Ritze krabbeln – und so kriechen auch die Ängste durch jede Ritze."
  8. Im Alter ändern sich die Ängste: Nur rund jeder fünfte Mensch mit einer spezifischen Angst verliert diese im Laufe seines Lebens einfach so, erklärt Grulke. Ab dem 40. Lebensjahr werden Ängste oft aber zumindest etwas schwächer.
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