Das erste Wort hat der Dirigent: „Deus in adiutorium meum intende! – Herr, komm mir zu Hilfe!“ singt Thomas Gropper und setzt klar und leuchtend den Ton für diese Marienvesper. Feierlich und einstimmig antwortet der Chor. Während das Orchester schon übermütige Verzierungen musiziert, bleiben die Sänger auf einem Ton: Die Einleitung „Gloria Patri, et filio – Ehre sei dem Vater und dem Sohn“ verlangt höchste Konzentration auf das Wort. Dafür fächern sich die Melodien schon im „Dixit Dominus – So sprach der Herr“ auf. In die feingliedrigen Linien der Birnauer Kantorei verweben sich Solistinnen und Tenor, umspielen einander und finden sich im ruhig fließenden „Amen“.

Abendgebet eine Art Bewerbung für ein Amt in Rom

Die Birnauer Kantorei singt Claudio Monteverdis Marienvesper. Monteverdi komponierte dieses musikalische Abendgebet an Marienfesten als eine Art Bewerbung für ein Amt in Rom. Seine Stellung in Mantua beim kunstsinnigen, aber in Geldangelegenheiten unzuverlässigen Graf Vincenzo Gonzaga war zunehmend unerfreulich. Aus Rom wurde nichts, dafür ging er als Kapellmeister nach San Marco in Venedig. Die Marienvesper wurde sein bekanntestes Sakralwerk.

Das Beste aus zwei Welten vereint

Er komponierte sie auf der Schwelle von der Renaissance zum Barock und schenkt ihr das Beste aus beiden Welten. Sie verbindet leichtfüßige Rhythmen und Mehrstimmigkeit bis hin zu zehnstimmigen Chorsätzen mit fast opernhaft anmutenden Melodieführungen und prächtigen Instrumentalteilen.

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Sänger wandern auf der Bühne hin und her

Mehrfach teilen sich die Sänger auf der Bühne: Wie ein gregorianischer Chor finden sich die Männer in der Mitte, um eine getragene Einleitung zu intonieren. Im Anschluss wandern Sänger hin und her, bis zwei vierstimmige Chöre sich gegenüberstehen und „Nisi Dominus – Wenn nicht der Herr“ singen – wie eine gewaltige Orgel aus menschlichen Stimmen klingt es durch den Raum. „Sancta Maria, ora pro nobis – Heilige Maria, bete für uns“ gibt dagegen ein reiner Frauenchor, so sachte und demütig, dass ihnen die Instrumente liebevoll zur Seite eilen. An anderen Stelle wehen zarte Echos von der Empore.

Dirigat teils wie ein Tanz

Gropper dirigiert, als tanze er die Musik vor, dann besänftigt er wieder oder lässt die Hände ganz sinken. Beim ergreifenden „Duo Seraphim – zwei Serafim“ hören Sänger und Musiker so intensiv aufeinander, dass der Basso Continuo keine Einsätze braucht. Der Chor folgt seinem Leiter mit präziser Hingabe, die Solisten – Monika Mauch, Verena Gropper, Robert Sellier, Christian Rathgeber und Andreas Burkhard – singen mit tiefem Ernst und schlanker Stimmführung. Durchsichtig, federnd und höchst lebendig begleitet das Barockorchester „L‘arpa festante“.

Bravorufe und Fußgetrappel

So entsteht ein Gotteslob zwischen festlichen Chorälen und jubelnden Koloraturen, zwischen tänzerischer Bewegung und inniger Gewissheit. Die Glocken der Birnau bestätigen es, ehe die Begeisterung des Publikums sich in Bravorufen und Fußgetrappel entlädt.