Über 8000 Höhenmeter müssen die Schüler und ihre Begleiter bewältigen, bis die Kirchenglocken des nördlich von Neapel gelegenen Dorfes sie begrüßen. Doch die Reise hat viel zu bieten. Über Chur, Comer See und an Rom vorbei nach Lauro führt der lange Weg die Teilnehmer. Für die Überlinger Waldorfschule ist es die 23. Tour de Lauro.
Über 80 Teilnehmer brechen nach Italien auf
Auch wenn Spaß und Zusammensein im Vordergrund stehen, manche kommen auf den Geschmack: Ein ehemaliger Teilnehmer ist nun in einem Drittliga-Radteam aktiv. Seine Tour de Lauro hat ihm gezeigt, was er leisten kann.
Um kurz nach 8 Uhr am Donnerstag ging es los, die 50 Schüler, 28 begleitende Erwachsene und acht Helfer für Küche, Gepäck und Begleitwagen machten sich auf den Weg. Beim Start an der Überlinger Waldorfschule wurden sie von vielen Menschen umjubelt, darunter die Eltern, Lehrer, ehemalige Teilnehmer und Schaulustige.
Die anstrengende Tour ist ein gemeinsamer Kraftakt: Von den 70 Schülern der siebten Klassenstufe brechen 50 auf, die Schüler, die in Überlingen bleiben, machen eine Kanu-Tour. Die Vorbereitungen laufen schon lange. Jeder, der mitfährt, muss schon mindestens zehn Stunden auf dem Rennrad gesessen haben und mindestens 1000 Kilometer zurückgelegt haben.
140-Kilometer-Etappe am ersten Tag
Mattes Schauber ist auch dabei. Der 13-Jährige freut sich, dass es nun endlich losgeht. Das Radfahren sei für ihn nichts Neues, Mountainbike fährt er schon länger. Aber natürlich sei die Herausforderung diesmal was ganz Anderes: „Die Etappe des ersten Tages ist rund 140 Kilometer lang, das wird natürlich anstrengend“, sagt der Schüler.

Diese einmalige Gelegenheit will er unbedingt nutzen, wer fahre denn schon einfach so mit dem Rad nach Italien, meint der 13-Jährige lachend. Und wie lange wird sich nach der anstrengenden Fahrt in Lauro ausgeruht? „Genau einen Tag“, so Mattes Schauber.
Die Kirchenglocken Lauros läuten, wenn die Radfahrer ankommen
Auch Silvio Markewitz blickt gespannt auf die Reise, es sei seine zweite Tour de Lauro. Der 47-Jährige ist Vater einer Waldorfschülerin, 2022 war sie auch dabei. Es mache eine Menge Spaß, aber man müsse sich den Herausforderungen bewusst sein: „Das ist ein wahrer Kraftakt, insbesondere in den Alpen kann es unglaublich anstrengend werden“, erzählt der 47-Jährige. Die meisten der Teilnehmer seien Anfänger, durch das intensive Training aber dennoch gut vorbereitet.

Der Höhepunkt der Fahrradtour sei die Einfahrt nach Lauro: „Dann sind wir angekommen, auch die Einwohner Lauros freuen sich. Wenn wir einfahren läuten sogar die Kirchenglocken, das ist ein ganz besonderer Moment“, beschreibt Silvio Markewitz.
Gründer Kai Telle war 19 Mal mit dabei
Inzwischen ist die Tour de Lauro eine große Veranstaltung, doch das war nicht immer so. Kai Telle gründete 1997 die Tour de Lauro, damals waren 17 Teilnehmer dabei. Er selbst ist 19 Mal mitgefahren. Die Idee sei auf einer Reise nach Lauro auf ein Grundstück mit altem Bauernhof entstanden. In vielen Arbeitsstunden wurde er renoviert, auch Schüler haben mit angepackt, sagt der 60-jährige Lehrer der Waldorfschule Überlingen. Dann kam die Idee, gemeinsam mit den Schülern die lange Reise mit dem Fahrrad anzutreten.

Über ein Ehemaligentreffen der Teilnehmer der vergangenen Touren würde Kai Telle sich sehr freuen: „Man könnte auch gemeinsam mal wieder eine Fahrrad-Ausfahrt machen.“ Über die vielen Jahre kamen viele Schüler zusammen, die sich auf den langen Weg gemacht haben, zugetraut habe er es den Teilnehmern immer: „Gefahren gibt es immer, aber wir bereiten unsere Schüler gut vor. Man sollte im Leben nicht zurückschrecken, manche Dinge schafft man nur wenn man sie aktiv anpackt, sowas kann eine lohnende Erfahrung sein“, ist Kai Telle überzeugt. An die eigenen Grenzen komme allerdings jeder Teilnehmer, manchmal durch die Strapazen der Fahrt oder wenn im Zelt mal dicke Luft herrsche. Der 60-Jährige hat auf 19 Fahren viel erlebt.

Eine letzte Runde zur Verabschiedung
Die logistische Herausforderung sei riesig, erzählt Lehrerin und Pressesprecherin Anke Kricks. Der Küchenwagen kann ausgeklappt werden und steht den Teilnehmern für die notwendige Stärkung bereit. Hier werden während der gesamten Fahrt rund 130 Laib Vollkornbrote und 100 Kuchen für die Radfahrer zubereitet. Auch hier wird alles gemeinsam gemacht, der Küchenwagen ist Marke Eigenbau und wurde von einem Vater einer Schülerin gebaut. Eine Spendenkampagne der Volksbank unterstützt die Vorhaben der Tour de Lauro.

Am ersten Tag stand die Tour schon mal unter einem guten Stern. Die Teilnehmer hatten Glück mit dem Wetter. Was auf sie zukommt, ist offen. Heute wissen Sie, wie Kai Telle, der Vater der Tour, nur eines: Wenn sie am 10. Juni wieder an der Waldorfschule Überlingen ankommen, sind sie um viele Erfahrungen reicher und haben allerhand zu erzählen.