„Ich bin überglücklich mit dem Training. Ich lerne jedes mal etwas Neues!“, berichtet Seglerin Amelie Elstner begeistert. Sie war heute wieder auf dem Meer vor Barcelona unterwegs und erzählt im Video-Telefonat von ihren Erfahrungen der vergangenen Monate. Während an diesem Tag im Clubhaus der Seglergemeinschaft Überlingen (SGÜ) winterliche Stimmung mit Blick auf den stürmischen Bodensee mit leichtem Schneetreiben herrscht, kann die 19-Jährige fast täglich trainieren. Genau das ist der Grund, warum die Überlingerin seit Anfang November 2022 in Barcelona lebt, wo sie sich voller Elan dem Segelsport widmet.

Amelie Elstner ist amtierende Landesjugendmeisterin von Baden-Württemberg und Bayern. Die Titel hat sie 2022 in der ILCA 6 genannten Klasse errungen. Dabei handelt es sich um die früher unter dem Namen Laser bekannte Einhandjolle. Diese sportlichen Erfolge sind für sie aber erst der Anfang.
Im August 2022 konnte sie an ihrem ersten internationalen Wettkampf, der U21-Weltmeisterschaft in Vilamoura/Portugal teilnehmen. Fast 80 Boote kämpften dort in ihrer Gruppe auf dem Atlantik um gute Platzierungen. „Das war ein hohes Niveau und hat so viel Spaß gemacht!“, schwärmt Amelie Elstner. In einem Feld dieser Güte muss man gelernt haben, sich durchzusetzen und mit den Bedingungen auf dem Meer zurechtzukommen.
Auch in diesem Jahr möchte sie sich wieder qualifizieren, um bei der U21 WM in Norwegen und der U21 EM in Marokko dabei zu sein und möglichst eine Platzierung in der ersten Hälfte schaffen.

Auch im Winter trainieren
Um bei internationalen hochkarätigen Regatten mitsegeln und bestehen zu können, müsse sie auch im Winter weiter trainieren, erläutert Amelie Elstner. Das ist in ihrem Heimatrevier, dem Bodensee, nicht möglich. Da kam ihre Mutter Caroline Elstner, die beim SGÜ als Jugendleiterin aktiv ist, auf die Idee, Kontakt mit Angelo Tabernero aufzunehmen. Den spanischen Trainer hatten sie bei einem Lehrgang in Kiel kennengelernt.
So reifte bei Amelie Elstner im Sommer der Entschluss, nach dem Abi an der Waldorfschule nach Spanien zu gehen. Dort trainiert sie nun im Barcelona International Sailing Center (BISC) sowie einem Club in Vilanova in Nähe der katalanischen Metropole. An beiden Standorten coacht Angelo Tabernero den Segelnachwuchs.
Mit Bedingungen auf dem Meer umgehen
Im bestens ausgestatteten Fitnessstudio des BISC trainiert Amelie fünf mal in der Woche und ist fast genauso oft auf dem Wasser unterwegs. Dazu nimmt sie an möglichst vielen Regatten teil. Die in Spanien erzielten Erfolge werden hierzulande für die Kader-Qualifikation zwar nicht mitgezählt, aber die Wettkampf-Erfahrung zähle, betont die 19-Jährige. Es ginge vor allem darum, mit den Bedingungen auf dem Meer umzugehen.

„Die Wellen sind das größte Problem. Die sind immer unterschiedlich“, sagt Amelie Elstner. Man müsse sich eine andere Fahrtechnik aneignen und es brauche Zeit, bis man das beherrsche. „Dazu kommen die unterschiedlichen Wetterlagen, Starkwind und Strömungen.“
Finanzierung setzt dem Aufenthalt Grenzen
Dieses intensive Training und der Aufenthalt in Spanien sind nicht gerade günstig. Amelie Elstner wird von ihrer Familie finanziell unterstützt. Dazu beteiligen sich Sponsoren aus ihrem Heimatclub SGÜ an den Kosten. Sie würde gerne auch Unternehmen als Sponsoren gewinnen, es gibt dazu bereits ein detailliertes Konzept, aber das sei momentan nicht einfach, räumt die junge Frau ein. Daher ist noch offen, wie lange ihr Aufenthalt in Barcelona dauern wird: „So lange das Geld reicht.“
Spätestens im Herbst wird Amelie Elstner wieder an den Bodensee kommen. Ihr berufliches Ziel ist es, eine Lehre bei einem Klavierbauer in Konstanz zu absolvieren. Sportlich steht als Nächstes die Teilnahme beim World Cup in Palma am Osterwochenende auf dem Programm.
Das Leben allein in der Großstadt war erst einmal ein „Kulturschock“
Neben der sportlichen Weiterentwicklung macht die junge Überlingerin gerade auch jede Menge Fortschritte in Sachen Persönlichkeitsentwicklung. Es ging los mit der kleinen Wohnung, die sie vor Ort auf dem angespannten Wohnungsmarkt Barcelonas finden und anmieten musste. Das hat geklappt. Sie lebt allein, organisiert ihren Alltag und ihr Training. Das Leben in der Großstadt in einem Land, dessen Sprache sie nicht beherrscht, sei erst einmal ein „Kulturschock“ gewesen.

„Hier sind immer Menschen unterwegs. Der Verkehr, die Größe der Stadt – alles war erst einmal sehr ungewohnt und anfangs auch überfordernd“, gibt sie zu. Dabei denkt sie zum Beispiel an die Situation, als sie bei der Polizei eine Steuernummer beantragen musste, aber dort niemand Englisch sprach. Auch das ließ sich lösen. Mittlerweile sei sie angekommen, habe neue Leute kennengelernt und längst überwiegen die „tollen Erfahrung“ in der schönen Stadt am Meer. „Ich genieße das sehr!“