Die große blaue Röstmaschine surrt melodisch vor sich hin. Sie ist das wichtigste Utensil von „Leos Kaffee“, einem jungen Unternehmen, das in einem Container Platz findet. Das Geräusch verursacht die Trommel, die sich gerade mit einer Ladung Kaffeebohnen über den Gasflammen dreht. Leo Schuster steht davor, zieht ab und an einen Schieber aus der Front, begutachtet die Bohnen und wirft einen Blick auf die Konsole mit den technischen Daten. „Den Röstgrad kann man sehen, schmecken, riechen und hören“, erläutert der 25-jährige Jungunternehmer, der am liebsten nur mit Vornamen angesprochen werden möchte.
Wenn die Feuchtigkeit aus den Bohnen verdampft, knacken hörbar die Zellwände auf. Durch die Röstung färbt sich der hellbeige Rohkaffee nach und nach braun. Das unvergleichbare Aroma entfaltet sich vor allem, wenn Leo zum Schluss den Schieber öffnet und sich die heißen, duftenden Kaffeebohnen aus dem Bauch der Maschine ergießen. „Sie werden direkt mithilfe eines Gebläses abgekühlt, damit sie nicht nachrösten.“
Im Hauptberuf studiert Leo Schuster Stadtplanung in Amsterdam
Wenn der junge Mann mit der Schürze konzentriert an der Maschine agiert, über das Rösten, die verschiedenen Kaffeesorten und ihre Aromen sowie die Herkunftsländer philosophiert, glaubt man kaum, dass dies nur seine Nebentätigkeit ist. Im Hauptberuf studiert er im Masterstudiengang Stadtplanung in Amsterdam. Da zurzeit alle Uni-Veranstaltungen nur online stattfinden, kann der Uhldinger im Homeoffice studieren, mit dem Bodensee statt holländischen Grachten vor der Tür. Das Kaffeerösten sei da für ihn ein idealer Ausgleich und willkommene Alternative zum Schreibtisch, betont er.
Schritt in die Selbstständigkeit mitten in der Pandemie
Den Schritt in die Selbstständigkeit könnte man als antizyklisch beschreiben. Mitten in der Pandemie gründete Leo Schuster im September 2020 seine eigene Kaffeerösterei. Als die Maschine gebraucht in Pfullendorf angeboten wurde, sei das die ideale Gelegenheit und Chance gewesen, seinen Traum wahr zu machen. „Kaffee ist meine Leidenschaft!“

In Indonesien sah er, wie Kaffee über offener Flamme geröstet wird
Angefangen habe alles nach dem Abitur bei einer Reise nach Indonesien, wo die Menschen ihren Kaffee über der offenen Flamme rösten. Das nachzumachen, entpuppte sich als weniger gute Idee. „Das Ergebnis war ungenießbar!“, gibt Leo zu und muss sich heute noch schütteln.
In Innsbruck jobbte der Student in einer Rösterei
In Innsbruck, wo er sein Bachelor-Studium aufnahm, wurden ihm die aromatischen Bohnen zusehends wichtiger. „Dort hat es angefangen mit der Kaffeeliebe!“ Er wollte mehr darüber erfahren und fand einen Job als Verpacker in einer Rösterei. Es folgten weitere Aushilfstätigkeiten bei kleinen Unternehmen, wo er den Profis über die Schulter schaute, lernte und eigene Versuche starten konnte. In den vergangenen zwei Jahren hat er auf diese Art viel gelernt, vom Rösten bis zum Verkauf.

Der Container ist gemietet, die Abluftanlage selbst gebaut
Als dann die Gelegenheit kam, die Maschine zu kaufen, war dies sein Startschuss. Den Container im Gewerbegebiet von Überlingen hat er gemietet, den Transport der schweren Maschine mit Freunden organisiert und die Abluftanlage selbst gebaut. So blieben die Kosten überschaubar. Auch die Internetseite mit dem Webshop hat er selbst gemacht.
Ein Löwe mit Hut ziert sein Logo
Die Entwicklung des Logos übernahm eine befreundete Designerin. Der Löwe mit Hut passt zum Besitzer Leo mit Mütze. Seine drei Kaffeesorten zieren jeweils ein anderes Bild: Auf dem Espresso brüllt der König der Tiere, die Hausmarke trägt das Firmenlogo und den eleganten Single Origin schmückt eine Löwin.
Fairtrade-Siegel und Rohstoffe aus dem Bio-Anbau
Leo ist es wichtig, dass sein Kaffee mittlerweile das Fairtrade-Siegel hat und seine Rohstoffe aus dem Bio-Anbau stammen. Konzept und Qualität haben schon einige Einzelhändler und Bäckereien in der Region überzeugt, wo die Überlinger Röstungen in den Regalen stehen. Einmal in der Woche können Kunden direkt in seinem Container im Gewerbegebiet Nord in Überlingen den Kaffee kaufen oder jederzeit online bestellen. „Es läuft viel besser als erwartet“, freut sich Leo. Zwar habe sein Studium Priorität, aber sein Kaffee-Start-up scheint Potenzial zu haben. An der Motivation und Leidenschaft des Gründers wird es jedenfalls nicht scheitern.