Wegen Beleidigung und Nötigung im Straßenverkehr handelte sich ein Mann aus dem Kreis Konstanz vor dem Amtsgericht Überlingen 90 Tagessätze à 20 Euro und zwei Monate Fahrverbot ein. Richter Alexander von Kennel glaubte der Aussage des Geschädigten. „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass der Angeklagte so gehandelt hat“, sagte der Richter in seiner Urteilsbegründung.

Der Geschädigte, ein Rentner aus dem Bodenseekreis, war am Tattag im November vergangenen Jahres mit seinem Rennrad auf seiner täglichen Tour unterwegs, als ihm der Angeklagte im Auto entgegenkam und seinetwegen abbremsen musste. Die Straße sei schlecht und am Rand bröckele der Asphalt ab, sodass er mittig auf der Straße, aber noch in seiner Spur gefahren sei, erläuterte der Mann die Situation.

Radler weist Autofahrer auf Anliegerstraße hin

Da die Straße zum Golfclub Überlingen/Owingen nur für Clubmitglieder und Anlieger freigeben sei, habe er sich erlaubt, dem Autofahrer mitzuteilen, dass die Straße für den öffentlichen Verkehr gesperrt sei. Der Angeklagte sei weitergefahren, habe wohl gewendet, ihn dann von hinten überholt und sei schräg vor ihn gefahren und habe ihn zum Anhalten gezwungen, erzählte der Radfahrer immer noch sichtlich entrüstet. Dann habe der Autofahrer mit runtergekurbelter Seitenscheibe angefangen, ihn mit Worten aus der untersten Schublade zu beleidigen. „Ich möchte diese Worte hier nicht wiederholen“, sagte er zum Richter, „solche Worte gehören nicht in mein Repertoire.“

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16-jähriger Sohn steigt in Beleidigungen mit ein

In dieser Situation habe er dann gesehen, dass der Fahrer einen jüngeren Beifahrer gehabt habe, seinen Sohn, wie er richtig vermutete. „Ich fand es um so schlimmer, dass er sich so vor seinem Sohn geäußert hat“, sagte der Radfahrer, schließlich solle der Vater doch mit gutem Beispiel vorangehen. Umso entsetzter sei er gewesen, als der 16-Jährige auch noch angefangen habe, ihn mit rüden Worten zu beleidigen. „Die haben sich regelrecht überboten“, erklärte der Senior fassungslos.

Angeklagter versperrt Straße und schwingt Krücke

Er sei dann auf sein Rad gestiegen und weiter gefahren. Der Autofahrer habe ihn wieder überholt und sei aus seinem Sichtfeld verschwunden, doch habe er ein paar hundert Meter weiter die Straße erneut versperrt und sei außerhalb des Autos gestanden. In seiner Hand habe er einen Gegenstand geschwungen, in dem der Geschädigte zuerst einen Baseballschläger vermutete, der sich aber als Krücke erwies. „Ich dachte, jetzt kriege ich Prügel“, schilderte der Radfahrer seine Ängste.

„Ich dachte, jetzt kriege ich Prügel.“
Radfahrer

Er habe zu Vater und Sohn gesagt, dass er sie anzeigen werde, doch der Autofahrer habe nur geantwortet: „Mach das doch, wir sind zu zweit.“ Zuhause habe er bei der Polizei angerufen und gefragt, ob er mit einer Anzeige überhaupt eine Chance habe. Nachdem die diensthabende Beamtin dies bejahte, habe er alles niedergeschrieben und sei noch am gleichen Nachmittag auf die Wache gefahren, um Anzeige zu erstatten.

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55-Jähriger hatte früher bereits ein Fahrverbot

Der 55-jährige Angeklagte schilderte die Begebenheit etwas anders. Der Radfahrer habe ihn maßregeln wollen und habe ihn zuerst beleidigt. Zudem habe er ihn nur einmal angehalten und die Krücke brauche er, weil er ohne diese zu dem Zeitpunkt aus gesundheitlichen Gründen nicht hätte stehen können. Sein Verteidiger plädierte auf Freispruch, weil der Radfahrer Streit gesucht habe und die Situation im Nachhinein dramatisiere.

Der 16-jährige Sohn verzichtete auf Anraten des Verteidigers auf eine Aussage. Der Staatsanwalt entgegnete, dass der Radfahrer mehrfach betont habe, dass er bei einer einfachen Beleidigung die Sache nicht hoch gehängt und sich damit abgefunden hätte. Gegen den Angeklagten sprächen die mehrfachen Einträge ins Verkehrsregister, wo wegen früherer Geschwindigkeits- und Abstandsverstößen bereits ein Fahrverbot eingetragen sei.

„Gegen Pflichten eines Kraftfahrers verstoßen“

„Er kann sich nicht beherrschen und ist weder im Leben noch im Verkehr ein Vorbild für seinen Sohn“, folgerte der Staatsanwalt und forderte 120 Tagessätze à 15 Euro sowie ein viermonatiges Fahrverbot. Richter Alexander von Kennel hielt dem Angeklagten sowohl die Berechtigung auf der Straße zu fahren als auch die „strafrechtlich weiße Weste“ zugute. „Sie haben deutlich gegen die Pflichten eines Kraftfahrers verstoßen“, mahnte er den Angeklagten. „Nur mit Hinblick auf den immer noch schlechten gesundheitlichen Zustand habe ich kein viermonatiges Fahrverbot verhängt“, erklärte er dem Mann, der zum Laufen noch auf eine Gehhilfe angewiesen ist.