Die Fahrt begann bei Kia Slovacia. Von dem nordöstlich von Bratislava gelegenen Autowerk sollte es eigentlich quer durch Europa bis nach Paris gehen. Doch die Tour des Autotransporters endete am 16. Januar in einem Inferno am Bodensee. Und jetzt stellt sich die Frage, was der Fahrer hier auf der B 31 eigentlich zu suchen hatte.
Um 6.15 Uhr an jenem Montagmorgen fing das Fahrzeug Feuer, als es Überlingen gerade passiert hatte. Sowohl der Laster als auch die auf ihm geladenen sieben Elektroautos verbrannten zu einem Haufen Schrott. Der Brand war insofern eine heikle Angelegenheit, weil brennende Elektroautos eine neuartige Gefahr darstellen und die Feuerwehr vor besondere Herausforderungen stellt.
Das Ziel wäre Kia France gewesen. In Rueil Malmaison, einem Vorort von Paris, direkt an der Seine gelegen, in der Rue de Martinets, hätten die Elektroautos abgeladen werden sollen. Vermutlich haben ihre Käufer monatelang auf den Auslieferungstermin gewartet, der nun nicht stattfindet.
Der kürzeste Weg führt über Prag und Saarbrücken
Sucht man auf der virtuellen Straßenkarte den kürzesten und schnellsten Weg zwischen dem slowakischen Werk in der Ortschaft Teplička nad Váhom und dem französischem Autohaus bei Paris, so führt die Strecke über Prag, Nürnberg und Saarbrücken. Sie ist 1466 Kilometer lang und verläuft horizontal von Ost nach West. Alternativ gäbe es die 1539 Kilometer lange Route über Wien, München und Stuttgart. Angenommen, am besagten Morgen war die kürzeste Strecke blockiert, hätte es noch eine weitere Alternativroute über Bonn und Belgien gegeben. Sie ist 1596 Kilometer lang.
Warum nur durch das Nadelöhr Hagnau?
Aber warum über den Bodensee? Das macht weder von der Strecke noch von den Straßenverhältnissen her Sinn. Weiter nördlich gibt es durchgehend Autobahn, hier unten am Bodensee eine Bundesstraße und das Nadelöhr Hagnau.

Ein Blick auf die Straßenkarte: Wenn man von Kia Slovacia zu Kia France über Überlingen fährt, dann ist die Strecke 1615 Kilometer lang. Das sind 149 Kilometer Umweg. Was hatte der Fahrer hier verloren? Darüber lässt sich viel spekulieren. Eine Zwischenstation, an der eines der E-Fahrzeug abgeladen werden hätte sollen, gab es laut der Frachtpapiere nicht.
Keine Antworten von der zuständigen Spedition
Wir wollten vom zuständigen Speditionsunternehmen deshalb wissen, warum die Strecke über die B 31 am Bodensee entlang gewählt wurde und welche Folgen der Brand für das Unternehmen hatte. Das Management von Hyundai Glovis mit Sitz in Eschborn teilte mit, dass es zu den Fragen keine Antworten geben könne.
Hyundai Glovis ist ein Logistikunternehmen, das sich auf den Transport von Autos spezialisiert hat. Es ist Teil der Hyundai Kia Group mit Zentrale in Südkorea. Für den Transport der sieben E-Autos vom Kia-Werk in der Slowakei beauftragte Hyundai Glovis wiederum einen Lkw, der unter Litauischer Flagge fuhr.
Ein Überlinger Spediteur schüttelt den Kopf
„Das macht logistisch keinen Sinn“, sagt auch Dennis Maier von der gleichnamigen Spedition in Überlingen, die Fahrten in ganz Europa unternimmt. Jeder Kilometer Umweg koste unnötig Diesel. „Und bei uns am Bodensee fährt eigentlich keiner freiwillig vorbei.“ Womit Maier auf die nicht ausgebauten Streckenabschnitte der B 31 verweist.

Speziell Autotransporter würden wegen ihres hohen Warenwertes via Telematik, einem mobilen Fuhrparkportal, geortet. Das heißt, der Disponent wisse immer genau, wo sich sein Fahrer gerade aufhält. Das werfe dann sofort die Frage auf: „Warum fährst Du nicht auf der disponierten Route?“

Erklärungsversuch des Logistik-Verbandes
„Die Fahrer haben alle Google-Maps“, sagt Andrea Marongiu. Er ist Geschäftsführer im Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg (VSL) und führt im Gespräch mit dem SÜDKURIER aus, dass der Abstecher an den Bodensee auch nicht damit begründbar sei, Mautgebühren zu sparen. „Nicht in dieser Größenordnung. Die Fahrer schauen auf die Fahrtzeit.“ Die Tour am Bodensee entlang sei „eine elende Strecke“. Marongiu: „Ich kann es mir nur so erklären, dass auf der Autobahn die Hölle los war.“ Doch darüber ist zum fraglichen Zeitpunkt nichts bekannt.
Wie gefährlich ist die B 31?
Auf der B 31 kommt es oft zu Unfällen. Kracht es auf der wichtigen Ost-West-Verkehrsachse am Bodensee häufiger als auf anderen Strecken? Wir haben bei der Polizei nachgefragt und einen Blick in die Statistik geworfen.