Er spricht über Wein mit einer Expertise, als ob er nach einem erfüllten Leben als Sommelier bald in den Ruhestand gehen würde. Doch Sebastian Vögele steht als Student der Internationalen Weinwirtschaft erst am Anfang seiner Karriere, die geradezu mit einem Paukenschlag begann. Auf der Messe ProWein in Düsseldorf wurde der junge Lippertsreuter vom Weinfachverlag Meininger zum Nachwuchssommelier des Jahres 2023 gekürt und ließ die Konkurrenz nach dem Urteil der Jury deutlich hinter sich.

25-Jähriger schließt Sommelier-Kurs im November ab

Als Nachwuchs gilt man bei dem Wettbewerb bis zum 35. Lebensjahr. „Tatsächlich waren auch aktive Sommeliers aus der Sterne-Gastronomie vertreten“, berichtet Sebastian Vögele, der gerade einmal 25 Jahre alt ist und parallel zu seinem Studium erst im November seinen Sommelier-Kurs abgeschlossen hat. Wie die Jury in ihrer Urteilsbegründung betonte, stellte Vögele seine Mitbewerber nicht nur mit Charme und guter Nase in den Schatten, sondern auch mit profundem Fachwissen.

Der Überlinger stellte auf der Messe ProWein selbst Profis in den Schatten: Sebastian Vögele (Mitte) mit Philipp Künemund (Vizepräsident ...
Der Überlinger stellte auf der Messe ProWein selbst Profis in den Schatten: Sebastian Vögele (Mitte) mit Philipp Künemund (Vizepräsident der Sommelier-Union, links) und Sascha Speicher (Chefredakteur Meiningers Sommelier, rechts). | Bild: Foto: Meininger Verlag/Seredenkowa

Küche statt Universität

Ein naturwissenschaftliches Studium wie Chemie oder auch Medizin hätte ihn nach dem Abitur in Überlingen 2017 auch gereizt, räumt der jüngste Sohn von Gastronom Peter Vögele vom Lipptertsreuter Landgasthof Adler im Gespräch ein. Dass Sebastian dann doch noch die Weichen zur Gastronomie gestellt hat, gefällt dem Vater umso mehr.

Statt an die Universität zog es den jungen Mann in die Küche. Bei der Wahl seiner Ausbildungsstätte wollte der Lippertsreuter allerdings nichts anbrennen lassen und wählte mit Brenners Parkhotel in Baden-Baden gleich eine illustre Adresse. „Es war eine sehr anspruchsvolle Ausbildung in Verbindung mit der Landesberufsschule in Bad Überkingen“, erinnert sich Sebastian Vögele.

Sebastian Vögele weiß inzwischen, was er will. Statt Medizin zu studieren, stürzte er sich mit Ehrgeiz auf die Gastronomie – in ...
Sebastian Vögele weiß inzwischen, was er will. Statt Medizin zu studieren, stürzte er sich mit Ehrgeiz auf die Gastronomie – in Küche und Keller. | Bild: Hanspeter Walter

Der Wein hatte es ihm schon damals angetan. Praktika auf renommierten Weingütern und in einer Münchner Weinhandlung erweiterten seinen Horizont und bereiteten den Weg zum Studium der Internationalen Weinwirtschaft in Geisenheim. Parallel dazu absolvierte er am Gastronomischen Bildungszentrum in Koblenz seinen Sommelier-Kurs nach den Anforderungen des „Londoner Wine and Spirit Education Trusts“ und schloss diesen im November mit der Prüfung ab. „Das war sehr intensiv“, erinnert sich der 25-Jährige: „Am Ende wurden wir eingeladen, an dem Wettbewerb teilzunehmen.“

Weltweite Weinkenntnisse gefordert

Der begann für alle Teilnehmer mit einer schriftlichen Prüfung, in der unter anderem die verschiedenen Crus des Beaujolais, die Bodenformationen im kalifornischen Napa Valley und die klimatischen Verhältnisse in Südafrika gefragt waren. In der Praxis mussten von sechs Weinen Rebsorte, Herkunft und Jahrgang möglichst exakt beschrieben werden.

Noch herausfordernder wurde es im Finale der besten fünf. Bei einer Blindverkostung galt es von jeweils zwei Weiß- und Rotweinen die Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. Alles andere als einfach, wenn da zwei Rieslinge vom gleichen Erzeuger in den Gläsern sind, die sich lediglich im Alter und Reifegrad unterscheiden.

Als Student viele Profis geschlagen

„Ich war etwas skeptisch, man macht ja immer Fehler“, sagt Sebastian Vögele. Bei den Plätzen zwei bis fünf sei es eng gewesen, erinnert sich der 25-Jährige an das Urteil der Experten. Zu diesem Zeitpunkt wusste der Überlinger allerdings noch nicht, dass er selbst wenig später zum Sieger gekürt werden sollte.

Sebastian Vögele bei der Verkostung während des Wettbewerbs im Januar.
Sebastian Vögele bei der Verkostung während des Wettbewerbs im Januar. | Bild: Ralf Ziegler

„Es war anscheinend richtig genug“, gibt sich der junge Mann bescheiden, der noch einiges vor hat und weiß, was er will – nämlich in drei Jahren den Familienbetrieb übernehmen. „Das hätte ich mir vor sechs Jahren noch nicht vorstellen können.“ Schon jetzt trägt die Weinkarte im Landgasthof Adler die Handschrift des Sohnes und jungen Sommeliers, der hier bereits einige Akzente gesetzt hat.

Burgund oder Bordeaux?

Bei der klassischen Frage zur persönlichen Vorliebe „Bordeaux oder Burgunder?“ muss Sebastian Vögele nicht lange nachdenken. „Ganz klar Burgunder“, sagt er und ergänzt: „Mir ist die filigrane Finesse lieber als die Wucht.“ Er scheut sich auch nicht, die Südsteiermark als eine Region zu nennen, die er aufgrund der Weinqualität schätzen gelernt hat.

Selbst auf die Frage nach einem aktuellen Lieblingswein gibt es nach kurzem Nachdenken eine Antwort. „Im Moment ist es der Chardonnay R vom Weingut Fürst in Franken“, erklärt Vögele und begründet: „Ich mag es schlank, etwas salzig oder mineralisch und ohne aufdringliche Frucht.“